Spielekonsolen als Sportersatz für Kinder?


In der Öffentlichkeit wird regelmäßig über mangelnde Bewegung und Übergewicht diskutiert. Die Spielindustrie hat dieses Problem erkannt und wirbt für neue Spielkonsolen, die man durch Bewegungen mit seinem Körper steuern muss und sich somit beim Spielen sportlich betätigt. Aber können diese Geräte wirklich herkömmlichen Sport ersetzen? medienbewusst.de hat aktuelle Studien überprüft.

In Deutschland sind 15 Prozent aller 3 bis 17-Jährigen übergewichtig oder sogar stark übergewichtig. Dies sind alarmierende Zahlen. medienbewusst.de stellte im vergangen Jahr die Spielekonsolen der heutigen Zeit vor, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Doch neben dem spielerischen Element finden sich bei diesen Spielen und Spielkonsolen auch verstärkt sportliche und bewegungsorientierte Elemente.

Um festzustellen, wie hoch die körperliche Belastung beim Spielen mit Spielekonsolen ist, hat Prof. Dr. Klaus Völker der Universität Münster eine Studie mit 40 Sportstudenten zwischen 21 und 29 Jahren durchgeführt. Die Studenten mussten jeweils 15 Minuten boxen, Tennis spielen und Vierkampf ausüben. Danach wurden ihre Herzfrequenz und die Laktatwerte verglichen. Es zeigt sich, dass lediglich das Boxen zu einer geringfügigen Anstrengung führte. Somit kam Prof. Völker zu dem Ergebnis, dass virtueller Sport allenfalls Bewegung sei, auf keinen Fall aber den echten Sport ersetzen könne. Dies läge besonders daran, dass die Spieldauer der einzelnen Disziplinen sehr gering sei. Außerdem lerne der Spieler mit der Zeit, die Konsole zu hintergehen, da die Sensoren bereits auf geringfügige Bewegungen reagieren.

Diesem Problem sind sich die Hersteller bereits bewusst geworden, weshalb neuartige Produkte wie die Kinect entwickelt wurden. Diese Konsole bildet die Silhouette des gesamten Körpers ab und kann so registrieren, wie viel sich der Spieler tatsächlich bewegt hat. Der Sportwissenschaftler Dr. Dr. Despeghel hat zu dieser Konsole mittels einer Studie herausgefunden, dass das Training mit der Kinect sich im trainingswirksamen Bereich bewege und sie sogar zum Kalorienverbrennen und Muskelaufbau geeignet sei, wenn man gleichzeitig seine Ernährung umstellen würde. Da das auf den Bildschirm projezierte 3D-Bild des gesamten Körpers dafür sorgt, dass man sich tatsächlich bewegen muss.

Auch andere Wissenschaftler sehen Chancen durch die Konsolen. Nina Mühlhaus, Medizinstudentin der Universität Münster, fand heraus, dass sie sinnvoll für Reha-Maßnahmen von beispielsweise Schlaganfall Patienten genutzt werden können. Auch die Universität Freiburg hat Tests zur Rehabilitation von Sportverletzungen mit dem Wii Balance-Board durchgeführt. Die Uni kam zu dem Ergebnis, dass insbesondere Verbesserungen bezüglich der Gleichgewichtsfähigkeit erzielt werden. Allerdings kann dadurch eine persönliche Betreuung durch einen Physiotherapeuten nicht ersetzen werden. Denn die Kontrolle der Bewegungen und der rechtzeitige Eingriff des Physiotherapeuten bei falscher Ausführung einer Übung kann eine Spielkonsole nicht leisten.

Auch Prof. Völker sieht Vorteile in den Konsolen. Er könnte sich den Einsatz in Seniorenheimen vorstellen, da viele ältere Menschen nicht mehr auf den Tennisplatz gehen können und ihnen so eine Möglichkeit gegeben würde, trotzdem die Sportart auszuführen, wenn auch nur virtuell. Laut Axel Rech, angehender Sportwissenschaftler der Bochumer Ruhr-Universität, seien diese Konsolen zwar kein vollwertiger Sportersatz, aber allemal eine Alternative zum Nichtstun.

Für Kinder können die neuen Konsolen somit ein Anreiz sein, sich mit dieser Sportart zu beschäftigen. Damit kann das Interesse geweckt werden, diesen Sport real ausprobieren zu wollen. Sie sind jedoch nicht als ein ausreichender Sportersatz zu sehen, sondern lediglich als eine Freizeitbeschäftigung neben dem Sport. Denn die neuesten Zahlen zu den motorischen Defiziten von Kindern zeigen, dass fast jedes fünfte Kleinkind mit einem Smartphone umgehen kann, sich aber nicht selbstständig die Schuhe binden kann. Dennoch bleibt für Eltern der beste Weg, um Kinder zum Sport zu motivieren, selbst mit ihnen nach draußen zu gehen und zu spielen.

Janina Seit

Bildquelle:
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