Eine Nummer gegen Kummer- Beratungstelefon für Jugendliche und Kinder


Die „Nummer gegen Kummer“ ist ein bundesweit kostenloses Beratungsangebot für Kinder, Jugendliche und seit ein paar Jahren auch für Eltern und andere Erziehende. Probleme, über die man im eigenen Umfeld nicht reden möchte, kann man hier anonym und vertraulich mit Beratern besprechen. Die „Nummer gegen Kummer“ ist für Kinder und Jugendliche oft die erste Anlaufstelle. In einem Gespräch mit Nina Pirk, Diplom-Sozialwissenschaftlerin und Mitarbeiterin beim Dachverband Nummer gegen Kummer e.V. im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Safer Internet, konnte medienbewusst.de einen genaueren Einblick in das Projekt erhalten.

Frau Pirk, wie kam es zur Gründung des Projektes „Nummer gegen Kummer“?

Die Idee zu diesem Beratungsangebot entstand im Jahr 1980. Das erste Zusammentreffen gab es in Köln beim Kinderschutzbund. Man hat den Bedarf gesehen, dass Kinder und Jugendliche einfach auch mal jemanden zum Sprechen brauchen, den sie vielleicht in ihrem Umfeld nicht haben. Mit uns kann man, aufgrund der Anonymität, ganz konkret über Themen sprechen, über die man mit anderen nicht sprechen möchte. Da geht es um Themen wie Aufklärung oder Erste Liebe, aber auch um ernstere wie Suizid, Vergewaltigung, Essstörung, bei denen sich die betroffenen Kinder und Jugendlichen nicht an ihr Umfeld wenden möchten oder können. Dann wollen wir die erste Anlaufstelle sein. Es geht erst einmal darum zuzuhören, die Betroffenen sprechen zu lassen. Dann versucht man herauszufinden, was der Anrufer braucht. Geht es nur darum, es jemanden zu erzählen und eine Rückmeldung zu bekommen? Oder man überlegt gemeinsam, was die nächsten Schritte sind.

Welche Ausbildung brauchen die Berater, um helfen zu können?

Unsere Berater sind alle ehrenamtlich tätig. Es kann natürlich sein, dass sie einen passenden professionellen Hintergrund haben, zum Beispiel Psychologen oder Pädagogen. Alle Berater der „Nummer gegen Kummer“ werden umfassend mit 70 bis 100 Stunden ausgebildet. Danach schließt sich eine Hospitation an und später wird die Beratungstätigkeit durch regelmäßige Supervisions- und Fortbildungsangebote begleitet. Die Beratung hat somit schon einen fachlichen Hintergrund, jedoch nicht einen komplett professionellen. Wir sehen uns aber auch als erste Anlaufstelle, die dann an andere Hilfsstellen vermitteln möchte. Hierbei ist uns die regionale Anbindung auch ganz wichtig. Unsere Berater sitzen in ganz Deutschland verstreut und können somit auf Hilfsstellen in der Nähe verweisen.

Diplom-Sozialwissenschaftlerin Nina Pirk

 

Wie finden Kinder und Jugendliche den Weg zu Ihnen?

Die Nummer gegen Kummer ist erfreulicherweise sehr bekannt. Viel läuft über Schulen. Dadurch, dass wir schon einen hohen Bekanntheitsgrad haben, werden wir aber auch oft von Stellen angefragt, die viel mit Kindern zutun haben. Gefragt wird nach Plakaten oder Visitenkarten, die verteilt werden. Wir tauchen aber auch in Nachschlagewerken wie Elternratgebern auf.

Wie finanziert sich das Projekt?

Verschiedene Stiftungen und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fördern uns. Die Deutsche Telekom übernimmt die Gesprächskosten der bundesweit kostenlosen Nummern, sodass die „Nummer gegen Kummer“ für die Betroffenen bundesweit kostenlos erreichbar ist. Und es wird durch verschiedene Projekte und Spenden sowie die Mitgliedsbeiträge finanziert.

Wie viele Betroffene nutzen das Kinder- und Jugendtelefon?

Durchschnittlich rufen pro Tag rund 2000 Betroffene bei uns am Kinder- und Jugendtelefon an. Wir haben ja auch noch das Elterntelefon, welches es seit 2001 gibt. Das wird aber nicht so stark genutzt wie das Kinder- und Jugendtelefon.
Es gibt auch Projekte wie Spieletester in Leipzig, bei denen Kinder die Spiele bewerten – was halten Sie von solchen Projekten?

Solche Projekte finde ich toll. Sie sind eine wunderbare Ergänzung zu den Jugendschutzmaßnahmen, die wir als betreiben. Aus dem Blickwinkel des Jugendschutzes ist die Einteilung in Altersklassen bei der USK in guten Händen. Aber die genannten Projekte sind deshalb gut, weil sie besonders pädagogische Aspekte berücksichtigen. So wird dort auch der Schwierigkeitsgrad eines Spiels beachtet, was bei der USK keine Rolle spielen darf, denn wie kompliziert ein Spiel ist, hat ja nichts mit dem Jugendschutz zu tun und damit auch nichts mit dem Jugendschutzgesetz, auf dessen Grundlage wir als USK arbeiten.

Was kann man sich unter „Jugendliche beraten Jugendliche“ vorstellen?

Das Projekt „Jugendliche beraten Jugendliche“ am Kinder- und Jugendtelefon, findet samstags statt. Dann sitzen 16 – 21 Jährige BeraterInnen am Telefon. Das wird auch sehr gern genutzt, weil Jugendliche über manche Themen einfach lieber mit Jugendlichen sprechen möchten. Die Jugendlichen werden ebenfalls umfassend ausgebildet und haben verschiedene Teamveranstaltungen.

Wie haben die jugendlichen Berater den Weg zu ihnen gefunden?

Oft haben sie von der Schule aus ein Praktikum bei einem unserer Mitgliedsverbände gemacht. Oder sie hatten vorher schon mit dem Kinderschutzbund zutun. Die meisten unserer Telefone befinden sich beim Kinderschutzbund. Einige Studienanfänger, die pädagogische Fächer studieren, sitzen auch bei uns. Einige Jugendliche haben selbst schon schlechte Erfahrungen im Leben machen müssen. Das könnte auch ein Weg sein, der im Nachhinein zu uns geführt hat.

Was kann man unter der Mail- beziehungsweise Web-Beratung verstehen?

Bei der Mail-Beratung der „Nummer gegen Kummer“ haben wir gerade in den letzten Jahren einen starken Anstieg gesehen. Das ist natürlich auch ganz logisch, denn das Internet ist das Medium der Kids heute und das nutzen sie einfach auch gern. Die Mail-Beratung bieten wir seit dem Jahr 2004 an. Sie richtet sich an diejenigen Ratsuchenden, die über ihr Thema lieber schreiben als sprechen und hat außerdem den Vorteil, dass man mehrfach Kontakt mit dem gleichen Berater haben kann. Am Telefon ist dies kaum möglich.
Schließlich ist es einfach wichtig, auf sich ändernde Kommunikationsgewohnheiten der Kinder und Jugendlichen zu reagieren. So wurden die BeraterInnen z.B. für die „Beratung bei Web-Sorgen“ (Projekt Safer Internet) auch zu den aus der Internetnutzung resultierenden Problemen fortgebildet.

Welche Themen werden in der Web-Beratung behandelt?

Wir sehen schon einen Trend dahin, dass es ernstere Themen wie Suizid, Cyber-Mobbing, Ritzen oder Essstörungen sind. Und gerade bei solchen gibt es dann diese Mehrfachkontakte zwischen den Betroffenen und den Beratern. Es gibt allerdings keine Probleme, die ausschließlich nur am Telefon oder nur in der Mail-Beratung besprochen werden. Man kann uns mit allen Themen und Problemen Angelegenheiten über die verschiedenen Wege kontaktieren.

medienbewusst.de bedankt sich bei Nina Pirk für das Interview und wünscht weiterhin viel Erfolg.

Julia Griesbach

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