“Wir wollen vermitteln, dass Trauer keine Krankheit ist”



Wie empfinden Kinder Trauer? Und wie kann man ihnen helfen, den Tod eines geliebten Menschen zu überwinden? Mit diesen sensiblen Fragen rund um die Themen Trauer, Abschied und Tod beschäftigt sich die regionale Kinderhilfsorganisation „Trauerland“. Sie bietet Gruppensitzungen und persönliche Beratungen an und hat zudem mit dem „Kindertrauerland.org“ eine Internetseite ins Leben gerufen, die Kindern helfen soll, mit der Krankheit oder dem Verlust eines vertrauten Menschen umzugehen.
Um Näheres über dieses in Deutschland nahezu einzigartige Angebot zu erfahren, hat medienbewusst.de mit Beate Alefeld-Gerges gesprochen, der Gründerin des „Trauerlands“.

Wie kam es zur Gründung des „Trauerlands“?
Ich als Gründerin habe mich aufgrund eigener Betroffenheit mit dem Thema Trauer auseinandergesetzt, weil meine Zwillingsschwester gestorben ist. Im Rahmen eines Praktikums in Amerika habe ich festgestellt, dass Kinder keinen Raum für ihre Trauer haben. 1999 habe ich dann das Konzept mit nach Deutschland gebracht und das „Trauerland“ gegründet. So haben wir ganz klein angefangen.

Und wie ist daraus die Idee der Internetseite speziell für Kinder, dem „Kindertrauerland“, entstanden?
Wir haben festgestellt, dass sich gerade die etwas älteren Kinder und Jugendlichen manchmal eine Gruppen- oder auch eine Einzelberatung nicht vorstellen können, sich aber trotzdem mit dem Thema auseinandersetzen wollen. Daher haben wir überlegt, dass das Internet ein guter Zugang wäre, weil sie sich dort informieren können, ohne sich zeigen zu müssen.

Auf Ihrer Internetseite habe ich das Zitat gefunden: „Kinder trauern anders. Wir geben ihnen Raum dafür.“ Können Sie diese Aussage näher erläutern?
Bei Kindern ist es so, dass sie nicht unbedingt immer traurig sind, sie springen in ihre Trauer sozusagen rein und wieder raus. Manche ziehen sich eher zurück, andere sind wütend. Und sie haben auch nicht unbedingt Worte für ihre Trauer, sondern drücken diese eher in ihrem Tun aus. Wir wollen den Kindern zeigen, dass es ganz viele Wege gibt, zu trauern und ich denke, auf der Internetseite finden sie viele Anstöße, die sie verfolgen können. Ich glaube, es ist wichtig, dass Kinder ihren Weg gehen und dass Eltern oder auch diese Internetseite sie darin bestärken, diesen Weg zu finden.

Welche Ratschläge geben Sie den trauernden Kindern und Jugendlichen im „Kindertrauerland“?
Durch unsere Webseite raten wir den Kindern, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Deswegen erklären wir auch verschiedene Todesarten. Und man kann auf unserer Internetseite die Räume angucken, zum Beispiel den Toberaum oder den Kuschelraum, die helfen, die Trauer zu bewältigen. Außerdem sollen sie ihre Trauer ausdrücken können, wie sie das möchten.

Dipl.-Sozialpädagogin Beate Alefeld-Gerges

Das Konzept der Seite ist also, den Raum und die Anstöße zu geben, damit sich Kinder mit dem Thema Trauer auseinandersetzen?
Genau. Wir wollen vermitteln, dass Trauer keine Krankheit, sondern ganz normal ist und zum Leben dazu gehört. Und ich denke, das tut die Internetseite ein Stück weit, indem sie sich mit vielen Themen befasst, über die man sich informieren kann und zum Beispiel durch den Baum, bei dem die Kinder ein Blatt gestalten können, um sich einfach an die Person zu erinnern, die gestorben ist. Es ist wichtig, dass man sich einfach mit dem Thema auseinandersetzt.

Was raten Sie den Eltern betroffener Kinder?
Eltern machen sich viele Sorgen, wenn Kinder in Trauer sind. Da ist es wichtig, dass sie schauen, wie sie ihre Kinder unterstützen können, dass sie aber auch das Vertrauen zu ihren Kindern haben, dass diese ihren Weg finden. Sie sollten nicht vor lauter Schutzbedürfnis oder Angst die Kinder in eine bestimmte Richtung drängen, sondern schauen, was die Kinder wirklich brauchen. Wichtig ist, dass die Erwachsenen das dann auch akzeptieren.

Im „Trauerland“ werden vor allem Beratungen und Trauertreffen angeboten. Glauben Sie, dass die Internetseite alleine schon Kindern helfen kann, ihre Trauer zu bewältigen, oder sind Ihrer Meinung nach persönliche Beratungen und Gespräche unumgänglich?
Nein, das glaube ich nicht. Für manche Kinder ist die Gruppe einfach zu intensiv. Die Internetseite kann schon viel helfen. Ich denke auch, wenn ein soziales Umfeld da ist, das die Kinder unterstützt, kann das auch reichen. Es muss bei einem Todesfall nicht unbedingt eine Beratung oder Gruppensitzung her. Man muss sich nicht persönlich treffen. Ich glaube schon, dass die Internetseite eine Auseinandersetzung sein kann, die ausreichen kann.

medienbewusst.de bedankt sich bei Frau Alefeld-Gerges für dieses Interview und hofft, dass das „Trauerland“ auch weiterhin vielen Kindern helfen kann!

 

Lea Schmitz

Bildquellen:
© Jörg Klampäckel