Fernsehen für Anfänger
Kinder wachsen heutzutage in einer mediatisierten Gesellschaft auf. Das Fernsehen ist dabei immer noch das Leitmedium. Doch mit welchem Alter tauchen die jungen Rezipienten in diese Welt ein? Wann sind sie überhaupt fähig, die Inhalte und Bilder in dem viereckigen Kasten zu verstehen? Und ist es förderlich, die Kinder früh fernsehen zu lassen oder eher schädlich?
Unterschiede bei jung und alt und arm und reich
Wann Kinder mit dem Medium Fernsehen das erste Mal in Kontakt kommen, hängt mit vielen Faktoren zusammen. Zumal muss die Familie einen Fernseher besitzen, sodass deutliche Unterschiede durch das Einkommen der Eltern und den sozioökonomischen Status zustande kommen. Außerdem hat das Bildungsniveau der Eltern Auswirkung darauf, wann und wie viel Kinder fernsehen dürfen. Nach Ergebnissen einer US-Amerikanischen Studie aus dem Jahr 2006 ist der Fernsehkonsum von Kleinkindern besonders hoch in Familien mit geringerem Einkommen und niedrigem Bildungsstand.
In Deutschland ergaben die Ergebnisse einer anderen Studie, dass im Alter von null bis fünf Jahren die meisten Kinder mit vier Jahren fernsehen dürfen (96 %). Bei den unter einjährigen sind es unter 20 %, mit einem Jahr dürfen dann 20 % fernsehen und bei den Kindern im Kindergartenalter dürfen dann bereits fast alle Kinder der befragten Mütter ab und zu das Medium nutzen.
Fernsehen mit Babys und Kleinstkindern
An sich haben auch schon Babys ein Interesse an dem Medium Fernsehen. Sie reagieren auf Bewegung und Farben sowie bestimmte Geräusche. So werden die Kleinen schon bald die Anfangsmusik von Sendungen erkennen, die wiederholt angesehen werden und auf diejenigen reagieren, die sie mögen.
Mit dem Älterwerden steigt auch die Fähigkeit, Reaktionen zu zeigen, die Kleinen fangen an, mit Figuren zu interagieren und mit ihnen zu sprechen oder sich rhythmisch zur Musik zu bewegen. Außerdem wächst die Aufmerksamkeitspanne. Bestimmte Geräusche wie Frauenstimmen und Lachen oder Bilder wie Kinder und Essen erregen die Aufmerksamkeit der sehr jungen Zuschauer*innen. Doch mit dem Rezipieren des audiovisuellen Mediums im eigentlichen Sinne hat das alles wenig zu tun.
Das mediale Verständnis verändert sich mit der Erfahrung und den kognitiven Fähigkeiten
Kinder können bereits im sehr frühen Alter Geräte der digitalen Medienwelt bedienen. Ein wirkliches Verständnis für das Gerät Fernsehen entwickeln sie allerdings erst mit ca. drei Jahren. So bleibt das Fernsehen für die unter dreijährigen Kleinkinder nur ein riesiges Spektakel an Bewegungen, bunten Bildern und Tönen.
Bei der Verarbeitung stehen dabei vor allem die Bilder im Vordergrund, die Töne sind eher als zusätzliche Orientierung unterstützend dabei, werden aber kaum beachtet. Die Kinder haben auch bereits die Fähigkeit, die Inhalte, die sie nicht verstehen und zu erwachsenenorientiert sind, zu meiden.
Die Hälfte der Vierjährigen weiß bereits, was Werbung ist
Ab dem fünften Lebensjahr beginnen die Kinder, die Perspektiven der Figuren einzunehmen und den Realitätsgehalt zu prüfen. So verstehen schon viele vierjährige (50 %), dass sich Werbung von dem restlichen Format unterscheidet und hier Ware zum Verkauf vorgestellt wird.
Das Verständnis von komplexen Zusammenhängen und Handlungen wächst erst mit dem steigenden Alter und der Erfahrung. So können die Kleinen keine Zeitsprünge deuten oder werden durch spezielle Effekte eher verwirrt. In diesem Zusammenhang hat die Rezeption von fernsehen im Vorschulalter noch wenig Sinn, als viele Inhalte noch überfordern und nicht verarbeitet werden können.
Sprachen, Kulturen, Musik und Fakten durch das Fernsehen lernen
Doch die Kleinkinder können auch Dinge durch den Fernsehkonsum lernen. Im Kindesalter lernt und verarbeitet man ständig neue Informationen. Zum Beispiel können sich Kinder schnell die Anfangsmelodien der Sendungen einprägen und reagieren folglich beim nächsten Ansehen darauf. Im Vorschulkinder wächst die Liste an Dingen, die gelernt werden können.
Es sind nicht nur Fakten, Zahlen und Buchstaben, sondern auch ein Verständnis für andere Kulturen oder eine Förderung der Sprachentwicklung, die mit den richtigen Programmformaten verbessert werden können. Doch hierbei ist eben vor allem das Format wichtig, das auf die Fähigkeiten der Kleinen abgestimmt sein muss und außerdem die Unterstützung der Eltern gewünscht.
Fernsehen kann auch schaden
Bei all dem Positiven zur frühkindlichen Förderung durch Fernsehen darf ein Faktor nicht vergessen werden. Zu viel Fernsehen schadet. Und das falsche Fernsehen schadet auch. Inhalte, die verstören, überfordern, tun den jungen Zuschauer*innen alles andere als gut.
Kritiker*innen meinen auch, dass das Medium zu reizstark ist und als audiovisuelles Medium die nötigen Verknüpfungen im Hirn verhindert werden, die später für komplexe Denkvorgänge gebraucht werden. Bei einem höheren Konsum als drei Stunden pro Tag im Alter von drei bis fünf wurden schlechtere Mathematikkenntnisse oder ein schlechteres Leseverständnis nachgewiesen. Gleichzeitig stieg das Verständnis, wenn weniger ferngesehen wurde. „Vielseher haben einen vergleichsweise geringen Wortschatz und weniger Sprachkenntnisse allgemein.“ (Götz, 2007) Hinzu kommen Ergebnisse, die besagen, dass Vorschulkinder, die täglich mindestens eine Stunde fernsehen, vermehrt übergewichtig sind oder zu Schlafstörungen neigen.
Fazit:
Fernsehen im Kleinkindalter sollte mit Vorsicht betrachtet werden. Es gibt durchaus Programmformate, die an die beschränkten Fähigkeiten der jungen Zuschauer*innen angepasst sind und durchaus förderlich im Lernprozess sein wirken. Hierbei ist aber wichtig, dass nicht zu viel geschaut wird, was geschaut wird und mit den Eltern zusammen geschaut wird. Denn zu viel Fernsehkonsum hat definitiv negative Auswirkungen auf die Kinder.
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