Brauchen Kinder Fernsehen?

 

Diese Frage ist schon fast provokant. Wer braucht denn schon Fernsehen? Und Kinder ja wohl erst recht nicht. Gerade in der Vergangenheit gab es viele Studien, die sich mit den negativen WIrkungen des Mediums beschäftigten.

Dennoch ist das Fernsehen ein immer noch beliebtes Medium bei sowohl sehr jungen Zuschauern als auch älteren Heranwachsenden und Eltern und nimmt einen festen Platz im Alltag der Menschen ein. Es ist fast schon eine Tradition, dass jedes Unterhaltungsmedium, das neu ist, erst einmal mit viel Kritik beäugt wird. Wie der Konsum von Fernsehinhalten aber bei Kindern tatsächlich zu bewerten ist, soll hier beantwortet werden.

 

Altersunterschiede

Kinder sind nicht gleich Kinder. Vor allem beim Alter gibt es deutliche Unterschiede, welche Inhalte beim Fernsehen geeignet sind und welche nicht. Sendungen mit Gewaltanteilen und erotischen Szenen oder auch nur sehr komplizierte Handlungen sind nicht für das sehr junge Publikum geeignet. Gerade Vor- und Grundschulkinder brauchen kein Fernsehen. In diesem Alter zeigen viele Kinder schnell Angstreaktionen. Daher muss hier gezielt darauf geachtet werden, welche Inhalte gezeigt werden. Dennoch bietet das Fernsehen auch Gutes.

Tagträumerei und Entfliehen der Wirklichkeit

WIr wollen nur das Beste für unsere Kinder. Ein Kind steckt voller Fantasien und Träume. Die Beschäftigung mit Medien wie dem Fernsehen unterstützen das Kind bei seinen Reisen in die Fantasie. Kinder brauchen diese Träume sogar noch viel dringender als Eltern, da ihr Leben meist von den Entscheidungen der Älteren bestimmt wird. Natürlich ist das ganz normal und auch gut so, aber dennoch kann dies zu Frustration bei Kindern führen und daher tut ein bisschen träumen in andere Welten auch ganz gut. Früher waren es Mythen und Märchen und Sagen, heute sind es Geschichten aus dem Fernsehen und anderen Unterhaltungsmedien. 

Aggression und Gewalt 

Man mag es nicht zugeben, aber jeder wird mal wütend. Auch Kinder tragen diesen Funken Aggression in sich. Aggressive Tagträume bieten Kindern ein Ventil für aufkommende feindselige Gefühle, sodass keine Angehörigen verletzt und die Puppen verschont werden. Auch hier gilt natürlich: alles in Maßen. Studien haben gezeigt, dass Kinder, die sich Cartoons mit gewalttätigen oder hinterlistigen Szenen ansahen, weniger wild und chaotisch waren als vor der Sendung.

Nachdem sie ihre Aggression in der Fantasie abreagieren konnten, war ihnen danach kaum mehr danach, in der Wirklichkeit aggressiv zu sein. Allerdings zeigten Kinder, die bereits vorher zu Gewalt neigten, auch hinterher mehr aggressives Handeln. Es kommt hierbei nicht auf die gezeigten Inhalte an, sondern vielmehr auf die Persönlichkeit der Kinder, die vor allem durch die Erziehung zu Hause geprägt wird. 

Fernsehen als Inspirationsquelle

Das Fernsehen bietet aber viel mehr für die Kinder als nur das Ausleben von aggressivem Verhalten in der Fantasie. Kinder schauen sich oft die Verhaltensweisen und das Aussehen von ihren liebsten Figuren ab, kleiden sich wie sie und reden wie sie. Jedes Kind braucht Zeit und Raum, sich selbst kennen zu lernen. Früher wurden dafür mit Spielgefährten die Wälder rund ums Dorf erkundet, heute ist dies in den Städten nicht mehr so einfach möglich. Beim Fernsehen bekommen die Kinder die Chance aus den Programminhalten dasjenige zu wählen, das ihre Fantasien nährt. Die Erfahrung, sich selbst bestimmen zu können, ist sehr wichtig für das Kind.

Keine Entwicklung der Persönlichkeit

Doch eines bleibt durch das Fernsehen weitgehend aus: die Entwicklung der Persönlichkeit. Kinder müssen Veränderung und Wachsen sehen. In der aktiven Welt des Fernsehens bleibt das oft aus. Gerade Inhalte, in denen stereotype Charaktere gezeigt werden, sollten vermieden werden. “Das Kind muss aus seinen eigenen Erfahrungen lernen und an ihnen wachsen. Deshalb sind solche Programme für Kinder am geeignetsten, die zeigen, wie sich der Einzelne durch Erfahrungen verändert.” (Bettelheim, 1988)

Dadurch können sie darüber fantasieren, wie sie selbst sich verändern und wachsen. Die Figuren im Fernsehen haben meist zu einfache und schnelle Lösungen für ihre Probleme, sodass Kinder nicht begreifen, wie man im echten Leben teilweise Schwierigkeiten meistern muss. Das kann dazu führen, dass die Kinder mit sich und der Gesellschaft unzufrieden sind, weil sie nicht verstehen, wieso diese doch so einfachen Antworten vor ihm zurückgehalten werden. Fernsehen ist in erster Linie eben nur ein Unterhaltungsmedium.

Hilfe von Erwachsenen

Kinder haben eine zu begrenzte Lebenserfahrung, als dass sie die Fernsehinhalte immer so kritisch betrachten können wie Erwachsene. Es fehlt die richtige Perspektive, um von den einfachen und einseitigen Inhalten tatsächlich etwas langfristig lernen zu können. Daher sind Kinder immer auf die Hilfe von Erwachsenen angewiesen.

Auch bei den oben erwähnten gewalttätigen Inhalten müssen Erwachsenen stets bereit sein, die Inhalte zu erklären und Unterstützung beim Verständnis zu bieten. Dies erfordert natürlich das gemeinsame Fernsehen. Und dann kann aus dem Kind auch ein viel intelligenterer und kritischer Zuseher werden, das die Inhalte versteht und für die eigene Entwicklung gebrauchen kann. 

 

Fazit:

Fernsehen ist ein Unterhaltungsmedium. Es bietet viele wertvolle Inhalte, die dem Kind bei der eigenen Entwicklung helfen können. Einen großen Vorteil bietet das Fernsehen durch das Entfliehen in Tagträumereien und Ausleben von Fantasien, die für das Kind sehr wichtig sind. Doch die begrenzte Lebenserfahrung hindern Kinder daran, nachhaltig aus den Inhalten zu lernen und sie immer auf positive Weise für sich wahrzunehmen.

Daher ist es wichtig, dass Eltern gemeinsam mit ihren Kindern fernsehen. Es muss erklärt werden, wieso Gewalt an dieser Stelle nicht zu einer Lösung führt, es muss darüber geredet werden, wie das Kind die Inhalte empfand und Verständlichkeit geschaffen werden. Die Persönlichkeit und Wertvorstellungen der Eltern haben letztendlich eine sehr viel größere Wirkung auf die Kinder als das Fernsehen.

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