Fernsehen mit Migrationshintergrund

 

Im deutschen Fernsehen dominieren ganz klar Figuren westlicher Herkunft mit weißer Hautfarbe. Doch das ist keineswegs die Realität. Diese sieht eine Vielzahl an Kulturen mit Menschen verschiedenster Herkunft vor. Trotz aller kreativen Freiheit sollte das Fernsehen als zentrales Medium für Bildung und Unterhaltung in etwa die realen Strukturen wiedergeben. Gerade Kinder und Jugendliche können sonst dieses Bild übernehmen und sich Kinder mit Migrationshintergrund auch schnell benachteiligt fühlen, da sie ihre Kultur und Ethnie nirgends wiederfinden. Doch inwiefern wünschen sich die jungen Zuschauer und Zuschauerinnen überhaupt eine kulturelle Vielfalt im Fernsehen?

 

Keine kulturelle Vielfalt im Fernsehen 

Über 72 Prozent aller menschlichen Hauptcharaktere im Fernsehen lassen sich als “weiß” identifizieren, also haben eine helle Hautfarbe und nordeuropäische Abstammung. Im deutschen Fernsehen werden Figuren mit deutlichem Migrationshintergrund kaum gezeigt und wenn, dann werden sie stark stereotypisiert. Dies repräsentiert allerdings nicht die Realität. Medien sollten aber eine “kulturelle Landschaft von Klasse, Sexualität, Geschlecht, Ethnizität, Rasse und Nationalität” (vgl. Hall, 1994, S.180) bieten.

Diese Landschaft ist aber nicht vollständig, wenn Teile davon ignoriert oder stereotypisiert oder unterrepräsentiert werden. Kinder suchen sich mediale Vorbilder. Wird keine kulturelle Vielfalt im Fernsehen abgebildet und die Kinder finden keine Figuren ihrer Ethnizität wieder, kann das negative Einflüsse auf ihr Weltbild und Identitätsfindung haben. 

Mediale Vorbilder mit gleichem ethno-kulturellem Hintergund

Fragt man Kinder mit unterschiedlichem natio-ethno-kulturellem Hintergrund nach ihren Vorbildern, dann stammt der große Teil aus den Medien und nur wenige aus dem realen Leben. Außerdem gibt es deutliche Unterschiede bei den verschiedenen Gruppen der Kinder. Ein großer Teil aller Kinder sucht sich “weiße” mediale Vorbilder und solche, die den gleichen ethno-kulturellen Hintergrund besitzen.

Vorausgesetzt, es gibt das Angebot dafür. Doch selbst dann wird es schwierig, weil diese medialen kulturellen Minderheiten stereotypisiert werden oder zu selten als Hauptcharaktere vorkommen und als passendes mediales Vorbild fungieren können. 

Verschobenes Realitätsbild durch mangelnde Vorbilder im TV

Hier ist es enorm wichtig, dass die Kinder ein starkes und für sie ansprechendes Vorbild in den Medien finden. Denn dadurch lernen sie Empathie und gleichzeitig wird ein wichtiger Beitrag zur Identitätsbildung geleistet.

Wenn sie über die Medien allerdings beigebracht bekommen, dass Menschen ihrer kulturellen Herkunft zur Minderheit gehören oder gar mit bestimmten Stereotypen besetzt werden oder negativ dargestellt werden, dann können sie dies in ihr Realitätsbild übernehmen und sich selbst schnell minderwertig oder ausgegrenzt fühlen. Genauso ist es auch für Kinder mit “weißer” Herkunft wichtig, die verschiedenen fremden Kulturen kennenzulernen und sich damit zu befassen. 

Lösung: Interkulturelle Medienbildung

Durch eine interkulturelle Medienbildung können mediale Klischees und kulturelle Stereotypen aufgebrochen werden. So gibt es vereinzelt Angebote, die dies fördern möchten und für verschiedene Altersgruppen konzipiert wurden. Mit bestimmten Filmen und medialen Angeboten können sich Schulen, Kindergärten und freizeitpädagogische Einrichtungen praxisorientiert mit interkulturellen und medienpädagogischen Themen auseinandersetzen.

Ein Beispiel bildet der “Prix Jeunesse Koffer für Kids”, der zwei wichtige Lernziele durch ein breites Angebot an bildenden Filmen zur Verfügung stellt: “die Auseinandersetzung mit fremden Lebenswelten, also eine interkulturelle Bildung, sowie die Auseinandersetzung mit medialen Inszenierungen des Fremden, die interkulturelle Medienbildung”. (PRIX JEUNESSE Koffer für Kids, 2008) Das pädagogische Begleitmaterial umfasst dann vor allem Hinweise für Filmgespräche mit den Kindern oder Vorschläge für Aktivitäten, die den Kindern das im Film gezeigte Land näher bringen können.

 

Fazit:

Das derzeitige Fernsehangebot zeigt noch nicht genügend kulturelle Vielfalt. Somit liegt es an Eltern und Pädagogen, die Kinder bei der interkulturellen Bildung und somit auch der Identitätsfindung zu unterstützen. Hierfür lohnt es sich, auf bestehende Angebote zurückzugreifen, die genau das fördern möchten und mit den Kindern offen über kulturelle Vorstellungen, fremde Länder und unterschiedliche Ethnizitäten zu sprechen.

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