3D-Gaming auf dem Vormarsch


Als Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Entwickler für Computerspiele G.A.M.E. beschäftigt sich Stephan Reichart beinahe täglich mit Computerspielen und deren Entwicklung. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Mitgliederbetreuung, dem Organisieren und dem Leiten von Messeauftritten, sowie der internen Verbandskommunikation. medienbewusst.de sprach mit Stephan Reichart über die aktuelle Lage der Computerspiele und Zukunftstrends.

Spielen Sie selbst Computerspiele und wenn ja, welche?

Ja natürlich spiele ich auch selber sehr gerne Computerspiele. Ich spiele auch noch regelmäßig, habe aber aufgrund meiner beruflichen Situation und der Geburt meines Kindes zuletzt weniger Zeit dafür. Momentan teste ich die Beta Version von „Starcraft 2“, früher habe ich auch sehr gerne „World of Warcraft“ gespielt.

Woraus resultier Ihr persönliches Interesse an Computerspielen?

Ich fand es schon immer faszinierend dass Computerspiele ihre eigene Geschichte erzählen und diese oftmals viel umfangreicher ist,  als beispielsweise die Geschichte eines Spielfilmes. Zudem hat es mich immer begeistert die Geschichten mehr oder weniger selber zu erleben und zu bestreiten. Ein weiterer entscheidender Punkt ist für mich die erhöhte Kreativität, die in einem Computerspiel stecken kann, im Gegensatz zu anderen Medien beispielsweise.


Was halten Sie von der aktuellen Entwicklung der Computerspielentwickler Spiele immer umfangreicher zu gestalten durch dutzende von „Achievements“, welche die Spieler zeitlich immer stärker einbinden?

Ich möchte mich gerne abwenden von pauschalen Aussagen über Computerspiele und Ihre Wirkung. Ich möchte dass in der Öffentlichkeit objektiv diskutiert wird, ob ein Spiel gut oder eben schlecht Inhalte verbreitet.  Ich sehe es auch als meine Aufgabe, diesen Mechanismus in Gang zu setzten. Es kann umfangreiche Spiele geben, die einfach schlecht sind und andere, die wahnsinnig kreativ und somit auch gut sein können. Eine pauschale Aussage ist auf keinen Fall möglich und auch nicht nötig.

Welche Trends in der aktuellen Spielentwicklung können Sie beobachten?

Ein ganz großes Thema in den nächsten Jahren wird auf jeden Fall das „3D-Gaming“. Der Spielfilm „Avatar“ hat dabei doch sehr viel in Bewegung gebracht und entsprechende Türen geöffnet. In Zukunft werden wir auch „Grafik-Engin“ haben, welche die Tiefenbewegung der Objekte im Spiel erfassen kann und sich dementsprechend ausrichten wird. Ich denke schon bald werden wir beispielsweise“ Fifa“ im Modus eines richtigen 3D-Erlebnisses spielen, wie wir es bisher nur aus dem Kino kennen.

Welche Computerspielgenres werden, Ihrer Meinung nach, in den nächsten Jahren einen Aufschwung erleben und welche befinden sich auf absteigendem Ast?

Auch hier lässt sich pauschal keine Aussage treffen. Ich dachte, dass das Adventure Genre tot  wäre, aber durch die „3D-Entwicklung“ und eine räumliche Tiefenwirkung wird auch dieses Genre einen Aufschwung erleben. Ich denke, dass bereits bestehende Genres uns auch in Zukunft begleiten werden. Meiner Meinung nach werden auch die 2D-Spiele in Zukunft wieder eine Rolle spielen, da zurzeit eine Spielergeneration heranwächst, für die dann Zweidimensionalität etwas Neues darstellt.

Glauben Sie dass der „Onlinespiel-Modus“ oder „Mehrspieler-Modus“ das „Singleplayer-Spiel“ langfristig ablösen wird?

Bis vor kurzem war ich auch der Meinung, dass es Kopierschutz-Anwendungen gibt, welche es nur erlauben mit einer Internetverbindung zu spielen, aber hier wurde ich eines Besseren belehrt. Ich glaube nicht, dass das Onlinespiel das „Singleplayer-Spiel“ ablösen wird. Wir werden uns in Zukunft vor allem mit einer Kombination aus beidem auseinandersetzen müssen.

Wie schätzen Sie das aktuelle Potential der Computerspielindustrie in Deutschland ein?

Das Marktvolumen hier bei uns in Deutschland ist sehr groß und gerade im Bereich der Onlinespiele und der Browsergames haben wir jede Menge Potenzial. In diesem Bereich sind verschiedene Hersteller sehr professionell aufgestellt und verfügen über die nötige Technologie hier erfolgreich zu sein. In Deutschland haben auch kleinere Studios die Möglichkeit sich am Markt zu positionieren und zu etablieren. Dadurch kann eine Fülle neuer Arbeitsplätze geschaffen werden. Langfristig werden hier insbesondere die „Lizenz-Spiele“ erfolgreich sein, glaube ich.

Wo sehen Sie weitere Chancen und Risiken für Computerspielentwickler in der Bundesrepublik?

Chancen sehe ich im Bereich der eingesetzten Technologien, welche sich etabliere werden. Auch kleinere Publisher haben große Chancen hier Fuß zu fassen. Risiken sehe ich dennoch in der aktuellen „Panikmache“ gerade auch im Bereich der Berichterstattung. Wir haben einen guten Standort, welchen wir uns nicht durch bloßes Gerede kaputt machen lassen dürfen.

Wie schätzen Sie die Zensierung und Alterskennzeichnung der Computerspiele durch Bundesprüfstellen ein?

Ich schätze die Arbeit der Bundesprüfstellen als gut funktionierend und gewissenhaft ein. Natürlich macht es wenig Sinn Regulierung zu fordern, angesichts der internationalen Vertriebswege. Die Bundesregierung und auch die Landesregierungen sollten sich bewusst machen, dass man nicht die gesamte Welt regulieren kann, erst recht nicht, wenn  Uneinigkeit der Meinungen innerhalb der einzelnen Bundesländer existiert. Wichtig ist aber, dass die Spiele überhaupt geprüft und gegebenenfalls auch indiziert werden. Wir haben dabei schon eines der am besten funktionierenden Systeme in Europa, das sollte man sich auch vor Augen halten.

Wo können sich Spieler objektive Informationen über aktuelle Computerspiele einholen?

Wichtig dabei ist, dass wir Spiele nach Ihren wahren Inhalten bewerten und nicht danach, wie viele Explosionen darin enthalten sind und wie gut die Spezialeffekte gemacht sind. Ich kann jedem nur die Website www.krawall.de empfehlen. Hier gefällt mir besonders der Schreibstil der Rezensionen und der Mut die Spiele auch mal zu „Zerreißen“, wenn sie wirklich schlecht waren. Weiterhin kann ich noch die Metaportale empfehlen. Auf „Metacritic“ werden alle Rezensionen zu einem Spiel auf einer Seite vereint und man kann einfach und optimal vergleichen.

medienbewusst.de bedankt sich recht herzlich für das Gespräch und wünscht weiterhin viel Erfolg.

Jörg Blache

Bildquelle:
Portraitfoto zur Verf. gestellt v. Stephan Reichart