Broadcast yourself – YouTube und die Musikrechte


Kaum ein anderes Medium ist so dauerpräsent wie Musik – ob ganz bewusst auf Konzerten und Festivals oder in Cafés und großen Kaufhäusern als Stimmungsmacher. Dabei wird viel zu oft vergessen, dass hinter jedem Ton und jeder Textzeile auch ein Urheber steht. Diese zu schützen ist die Aufgabe der GEMA – der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte. medienbewusst.de bringt Licht in die aktuellen Diskussionen und hat sich mit GEMA-Sprecher Peter Hempel unterhalten.

Die fortlaufende Technisierung hat die Musiklandschaft in den letzten Jahren enorm verändert. Diese Weiterentwicklungen scheinen gleichzeitig Segen und Fluch zu sein: Einerseits verdankt die Musikindustrie ihr einen wesentlichen Teil ihres Erfolges – ohne professionelle Studiotechnik und teure Videoclips wäre es schwer, in der heutigen Musikwelt Fuß zu fassen. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten, der in diesem Fall den Musikschaffenden das Leben schwer macht. Denn auch die Träger der Musik entwickelten sich weiter – von der Schallplatte zur Kassette über die CD bis hin zum MP3-Format. Auf diese Weise vereinfachten sich auch die Kopierverfahren und die Möglichkeit, fremdes geistiges Eigentum unerlaubterweise verbreiten zu können.

Die Aufgabe der GEMA

Bereits Anfang des 20 Jahrhunderts sah man in Deutschland Regelungsbedarf, um die Rechte der Urheber zu schützen. Im Jahr 1903 gründete sich die Anstalt für musikalische Aufführungsrechte (AFMA), ein Vorläufer der heutigen GEMA. Die GEMA vertritt die Urheberrechte ihrer Mitglieder hinsichtlich der Weiterverbreitung der Datenträger und der öffentlichen Aufführungen. Das Prinzip ist dabei grundsätzlich nachvollziehbar: Diejenigen, die für die Musikproduktion verantwortlich sind – dazu zählen Komponisten, Liedtexter, Interpreten und auch Tonträgerhersteller – sollen für ihre Arbeit gerecht entlohnt werden. Dieser Anspruch ergibt sich aus dem Recht auf geistiges Eigentum (Urheberrecht – UrhG §11). Die Entlohnung erfolgt für Mitglieder der GEMA über Tantiemen. Diese setzen sich aus den Gebühren zusammen, die die GEMA für die Aufführung urheberrechtlich geschützter Werke aus ihrem Repertoire einnimmt.

Durch die Digitalisierung entstehen dabei zunehmend Probleme. Heutzutage ist jeder in der Lage, Musikdateien selbstständig zu kopieren und über das Internet weiterzuverbreiten. Angesichts dieser Tatsache wirken die GEMA-Regelungen veraltet. Ein Vorwurf, den GEMA-Sprecher Peter Hempel von sich weist: “Sicherlich können wir nicht immer umgehend reagieren. Klar ist jedoch, die Nutzungsmodalitäten haben sich in den vergangenen Jahren enorm verändert und die Nutzer sind zunehmend mit Lizenzmodalitäten in Kontakt gekommen, was nicht immer einfach zu händeln ist. Dennoch – im europäischen Vergleich sind wir, zum Beispiel was die neuen Tarifstrukturen angeht, sehr modern.”

Weitere Informationen zur aktuellen GEMA-Imagekampagne Musik ist was wert.

GEMA versus YouTube – Eine brisante Debatte

Rund um das Videoportal YouTube ist in den vergangen Jahren eine brisante Debatte entbrannt. Unter dem Motto “broadcast yourself” können angemeldete Nutzer auf dem Portal eigene Videos hochladen, darunter auch Ausschnitte von Filmen oder Videoclips, die urheberrechtlich geschützt sind. Dieser Umstand wurde jedoch erst zum Problem, als der sogenannte Wahrnehmungsvertrag zwischen der GEMA und YouTube im März 2009 auslief. Grundsätzlich ist die GEMA dazu verpflichtet, jedem die Möglichkeit der Musiknutzung einzuräumen. Streitpunkt sind lediglich die Konditionen, zu denen das geschehen soll – das erklärt den Streit mit YouTube.

Statt einer Einigung erreichten die Parteien einen Gerichtstermin – und den zunehmenden Unmut der User. Dabei geht die Sperrung in den meisten Fällen gar nicht von der GEMA aus, wie Hempel erklärt: “Der Slogan von YouTube beeinflusst die öffentliche Meinung von der GEMA natürlich extrem – YouTube ist damit in der Lage, Druck auf uns auszuüben. Die Sperrungen gehen allerdings nicht von uns aus, sondern entweder von YouTube selbst oder aber anderen Verlegern und Rechteinhabern. Die GEMA ist verpflichtet, Lizenzen anzubieten, das heißt: Jeder der Musik nutzen möchte, bekommt von der GEMA die Möglichkeit dazu.”

Um auf YouTube wieder uneingeschränkt Videos schauen zu können, sei es lediglich notwendig, dass YouTube Verantwortung übernimmt, so Hempel weiter. “Der Urheberrechtsstreit mit ist prinzipiell nicht neu, das Problem gab es 2009 schon einmal in England. Wir sehen nicht den Endnutzer, also den User, in der Pflicht, sondern den Anbieter.” Ein denkbares Bezahlmodell wäre ein einstelliger Cent-Betrag pro Stream, den das Portal erhebt. Aber es gibt auch andere Möglichkeiten, wie Hempel erklärt: “Damit YouTube die Urheber angemessen an den Einnahmen beteiligen kann, wäre es nicht einmal nötig, Geld vom User zu verlangen, denn das Portal nimmt mit seiner Werbung eigentlich genug Gelder ein.”

Endgültig geklärt ist diese Sache noch lange nicht – vier Wochen nach dem ersten Urteil in Hamburg hat die GEMA Berufung eingelegt, weil der Urheberrechtsschutz seitens der von YouTube angebotenen Videos “noch nicht weit genug gehe”. Bis zu den nächsten Verhandlungen kann es Monate dauern.

Bis dahin müssen sich die User in Geduld üben und Vorsicht walten lassen. “Wer sich rechtskonform verhalten möchte, sollte sich vor Hochladen eines Videos um die Produktionsrechte bemühen, um so die Urheber zu beteiligen. Allerdings zieht der Nutzer auch keinen monetären Vorteil aus dem Video – ganz im Gegensatz zu YouTube. Letztlich hat man selbst kaum Einfluss darauf, was mit den Videos geschieht”, so Hempel. In den kommenden Diskussionen wird dann auch der strittige Slogan gesperrter Videos zur Sprache kommen. Auf Basis welcher Ansprüche die Parteien genau verhandeln, wird jedoch auch weiterhin geheim bleiben – darauf besteht YouTube.

Die Redaktion von medienbewusst.de wird die Streitigkeiten zwischen YouTube und der GEMA weiterhin verfolgen und Sie auf dem Laufenden halten. Für die deutschen Musikliebhaber bleibt zu hoffen, dass es bald zu einer Einigung kommt.

Mandy-Christin Berthold