Daniel Brühl – die ewige Jugend?


„Krabat“ – es geht um Freundschaft, Mädchen, Liebe, schwarze Magie und Gruppenzwang. Die Verfilmung einer der wichtigsten deutschen Jugendromane zeigt den deutsche Schauspieler Daniel Brühl in ungewohnter Rolle –  Aber es ist eine, an die man sich langsam gewöhnen sollte.

Ein reiner Film für Jugendliche ist „Krabat“ sicherlich nicht, dennoch passt er ziemlich zu dem, was Daniel Brühl bisher am meisten gemacht hat: Jugendfilme. Im Unterschied zu all den anderen Filmen war er am Set jedoch der Älteste. Und er gefiel sich in der Rolle des Mentors und großen Bruders. Eine völlig neue Erfahrung für den inzwischen 30-jährigen Schauspieler.

Als Sohn einer spanischen Lehrerin und des deutschen Regisseurs Hanno Brühl wurde Daniel Brühl 1978 in Barcelona geboren. Bereits im Alter von acht Jahren synchronisierte er Hörspiele fürs Radio. Mit 16 begann er dann, neben Schule und Abitur, regelmäßig zu Schauspielern. Inzwischen ist er aus der deutschen als auch europäischen Filmlandschaft nicht mehr wegzudenken. Sicherlich ist auch der kommerzielle Erfolg von „Good Bye, Lenin!“ an seinem Bekanntheitsgrad beteiligt, doch Brühl darf man keinesfalls auf diesen einen Film reduzieren. Was Daniel Brühl bisher allerdings viel eher nervte, ist das unter Schauspielern gefürchtete und weit verbreitete Schubladenphänomen. Musiker und Schauspieler sind die Berufgruppen, die am meisten mit diesem Phänomen zu kämpfen haben. Vor allem Filmschauspieler haben es äußerst schwer, sich aus eigener Kraft aus einer Rollenschublade zu befreien.

Daniel Brühl kann davon ein Lied singen. Er, der gern auch mal „ein Arschloch und zwar ein komplettes“ spielen möchte, scheint die Rolle des jugendlichen Romantikers nicht ganz ablegen zu können. Es sieht so aus, als mag sich die Filmwelt von dem netten Jungen nur schwer trennen wollen. Und das nicht ohne Grund, denn wie kein anderer hat er in den letzten zehn Jahren vor allem die Jugendfilmlandschaft geprägt. Filme wie „Schule“ (2000), „Nichts bereuen“ (2001), „Was nützt die Liebe in Gedanken“ (2004) oder auch „Die fetten Jahre sind vorbei“ (2004) haben dem Jugendfilm neuen Schub und Jugendlichen Gehör verschafft.

Der Anspruch bei Jugendfilmen, nicht nur eine Geschichte zu erzählen, sondern auch etwas zu bewirken, spielt dabei eine wesentliche Rolle, konstatiert der Regisseur von „Nichts bereuen“ Benjamin Quabecks. Dieser möchte mit seinem Film zeigen, dass man sich dem Leben stellen muss. Quabecks dazu: „Es gibt sicher auch den Anspruch, den Jugendlichen, die sich noch mitten drin befinden, etwas zu erklären. Deswegen heißt unser Film ja auch „Nichts bereuen“, weil wir zeigen wollen: Man kann erwachsen werden, es geht anderen auch mal schlecht, man kommt aber irgendwie durch.“ Brühl spielt in „Nichts bereuen“ einen 19-jährigen Zivi, der seit vier Jahren in seine Mitschülerin Luca (gespielt von Jessica Schwarz) unglücklich verliebt ist. Letztendlich also eine ganz normale Geschichte, die jeder so oder so ähnlich schon erlebt hat, und sich daher gut in den Hauptdarsteller hinein versetzen kann – auch als Erwachsener.

Weniger erklären, dafür umso mehr erzählen möchte das auf einer wahren Begebenheit beruhende Drama „Was nützt die Liebe in Gedanken“, in dem Brühl den Gymnasten Paul Krantz spielt. Zusammen mit Günther Scheller (gespielt von August Diehl) gründete er 1927 einen „Selbstmörderclub“. In ihrem Manifest steht geschrieben: „unser Leben in dem Augenblick zu beenden, in dem wir keine Liebe mehr empfinden. Und wir werden all diejenigen mit in den Tod nehmen, die uns unserer Liebe beraubt haben.“ Günther Scheller setzte dies auch in die Tat um, und brachte erst seinen Geliebten Hans Stephan und dann sich selbst um. Die so genannte „Steglitzer Schülertragödie“ wurde durch den Film nicht nur cineastisch aufbereitet, sondern steht exemplarisch für die Wirrungen jugendlicher Gefühlswelten. Brühl zu seiner Rolle: „Ich fand diese Zeit sehr aufregend und natürlich hat mich die Figur des Paul interessiert. Ich habe vieles von dem, wie ich so drauf war in dem Alter, wieder entdeckt, und hier dann in einem ganz anderen Kontext gesehen. Gerade diese Phase des Lebens, die melancholische, erste große Liebe, war für mich auch eine wichtige Zeit, und es ist schön, wenn man das noch mal leben darf.“

Das Rebellische der Jugendzeit greift dagegen „Die fetten Jahre sind vorbei“ auf, in dem Brühl einen kleinen Revoluzzer spielt, der mit seinen Freunden in Bonzenvillen einbricht. Dort klauen sie jedoch nichts, sondern verschieben lediglich Möbelstücke und hinterlassen Zettel mit Aufschriften wie „Die fetten Jahre sind vorbei“ oder „Sie haben zuviel Zeit“. Brühl: „Wir Jugendlichen haben heutzutage keine neuen Ansätze, um etwas zu verändern, es herrscht eine gewisse Gleichgültigkeit.“ „Die fetten Jahre sind vorbei“ ist sicherlich ein Film, der diesem Trend entgegen wirken kann.

Doch nun scheint sich Brühl langsam aus dem Jugendgenre zu verabschieden. Ein Blick auf die 2009 anlaufenden Filme mit ihm lassen jedenfalls nichts anderes vermuten. So spielt er unter anderem in „The Countess“ den Liebhaber einer Serienmörderin, der so genannten „Blutgräfin“. In der romantischen Hochstapler-Komödie „Lila, Lila“ steht Daniel Brühl neben Hannah Herzsprung und Henry Hübchen vor der Kamera und in „Inglourious Basterds“ von Quentin Tarantino kann er endlich auch mal der Bösewicht sein. Brühl spielt hier den Soldaten Frederick Zoller, der kurz nach dem Einmarsch der Alliierten in Deutschland Jagd auf Infanterie-Soldaten macht. Es wird sich zeigen, wie ihm solche Rollen stehen und wie er sie umsetzen kann.

Daniel Brühl prangerte einst die Unkreativität der Regisseure an, die in ihm immer nur den netten, charmanten Jungen sehen. Offenbar haben sie ihn erhört.
Doch auch mit anderen deutschen Nachwuchsschauspielern wie David Kross oder Robert Stadlober wird es ganz bestimmt nicht langweilig im deutschen Jugendfilm.

Christina Schütze