Das World Wide Web hat sich einen festen Platz in deutschen Kinderzimmern verschafft! Dabei hat es das Fernsehen als Leitmedium der Jugend längst abgelöst. Bereits 97 Prozent der Jugendlichen Deutschlands nutzen laut der JIM Studie 2008 unabhängig von Alter, Geschlecht oder Bildungsstand das Internet.
Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (MPFS) studiert bereits seit 1998 das Medien- und Freizeitverhalten von deutschen Kindern und Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren. In der JIM Studie 2008 (Jugend, Information, (Multi-)Media) wurde festgestellt, dass über die Hälfte der Jugendlichen täglich oder mehrmals pro Woche im Internet surft. Dabei gelangen 96 Prozent der Jugendlichen zu Hause ins Netz, die Hälfte sogar von ihrem eigenen Zimmer aus. Die Nutzungszeit des Internets liegt dabei durchschnittlich bei 120 Minuten. Die zwölf- bis 13-Jährigen surfen allerdings noch deutlich weniger (84 min) als die Über-14-Jährigen (14 bis 15 Jahre: 130 min, 16 bis 17 Jahre: 137 min, 18 bis 19 Jahre: 127 min).
Neben der Suchmaschinenfunktion nimmt vor allem die Kommunikation, über E-Mail, Messenger, Chat oder Communities, einen sehr hohen Stellenwert in der Nutzungszeit ein. Neben Spielen, Informationssuche und Unterhaltungsangeboten, wie Musik, Videos und Bilder, beansprucht die Kommunikationsfunktion die Hälfte der Onlinenutzung der Jugendlichen. Die bekannten Portale schülerVZ, studiVZ, MySpace und Co. erfreuen sich dabei besonders großer Beliebtheit. Vor allem Mädchen bedienen sich diesen Kommunikationsplattformen neben E-Mails sehr häufig. So nutzen 73 Prozent der Jugendlichen Deutschlands regelmäßig Instant Messenger, 57 Prozent sind Mitglied in Online-Communities und 29 Prozent unterhalten sich in Chatrooms. Dennoch stellte die JIM Studie 2008 fest, dass den jungen Leuten die Unterscheidung zwischen Chat, Community und Messenger äußerst schwerfällt.
Grund für die Popularität von Online-Communities ist das Stichwort „Freunde“. Wie in einer zusätzlichen Studie des MPFS namens JIMplus 2008 ermittelt wurde, treten viele Jugendliche diesen Communities bei, da ihre Freunde bereits zu dessen Mitglied zählen. Sie wollen mit jenen in Kontakt treten und sich unterhalten. Außerdem bieten diese Webseiten die Möglichkeit, neue oder sogar alte Freunde (wieder-) zu finden und kennen zu lernen. Ferner sind Bilder ein wichtiges Nutzungsmotiv der Jugendlichen. So kann man in den Communities Fotos anderer User ansehen, eigene Fotoalben erstellen oder sich gegenseitig Bilder zusenden. Das durchschnittliche Online-Community Mitglied hat 74 Freunde, 225 Pinnwand-Einträge, ist Mitglied in 27 Gruppen und auf 31 Fotos verlinkt.
Sorgen bereiten die Ergebnisse der Zusatzstudie JIMplus 2008 bezüglich der Selbstdarstellung der Jugendlichen in Communities. Demnach stellen drei Viertel der Internetnutzer persönliche Informationen, Neigungen und Hobbys online. Der Großteil der jungen User lud ein persönliches Foto und den richtigen Vornamen auf die Plattform. Circa die Hälfte der Befragten gab außerdem ihren richtigen Nachnamen, ihren Beziehungsstatus oder die politische Ausrichtung an. Bedenklich ist vor allem auch, dass die Wenigsten ihr Profil privatisiert hatten, d.h. es nur für Freunde einsehbar machten.
Die Vielfalt der Funktionen dieser Plattformen im Internet ermöglicht es den Jugendlichen von heute, sich selbst in gewünschter Art und Weise darzustellen oder gar zu inszenieren. In der Lebensphase zwischen dem zwölften und dem 19. Lebensjahr verändern sich die Kinder rasend schnell und reifen zu jungen Erwachsenen heran. Dieser Entwicklungsvorgang – genannt „Pubertät“ – ist meist sehr aufregend und turbulent. Die jungen Heranwachsenden befinden sich in einem Selbstfindungsprozess und versuchen sich eine eigenständige Identität zu schaffen – unabhängig von den eigenen Eltern. Dabei gewährt die unfassbar große Welt des World Wide Web eine Vielzahl von Entfaltungsmöglichkeit für die Jugendlichen. Man beachte jedoch, dass es den jungen Leuten in den Online-Communities vor allem um Authentizität und Wahrheit geht. Die eigene Identität und das Aussehen spielen demnach weiterhin eine große Rolle. Manipulationen oder Täuschungen durch ein beschöntes Profil stoßen bei den meisten Jugendlichen auf Ablehnung.
So tragen Online-Communities zwar positiv zum Entwicklungsprozess der Jugendlichen bei, bieten dennoch auch eine Menge Gefahren- oder Problempotenzial. Viele Jugendliche berichten beispielsweise, dass Fotos ohne ihr Wissen online gestellt, falsche oder beleidigende Dinge über sie berichtet wurden oder Mobbing in einer Community stattfand. Darüberhinaus gehen die Jugendlichen selbst mit ihren persönlichen Daten sehr unbedacht um und veröffentlichen häufig E-Mail-Adressen, Instant Messenger-Nummern oder seltener die Telefonnummern. Je älter die Jugendlichen werden, desto weniger sparsam gehen sie mit der Datenweitergabe um.
Hier liegt eine sehr große Gefahr! Nicht nur, dass diese Daten durch vielerlei Hand missbräuchlich verwendet werden können, auch bei späteren Bewerbungen für einen Beruf können gerade solche sehr persönlichen Online-Profile eine Stolperfalle bilden und den in Aussicht stehenden Arbeitsplatz gefährden. Es sollte sich also jeder genau überlegen, welche Daten oder Fotos er veröffentlicht, denn das Internet vergisst nie etwas!
Maria Höfs
Quellen:
JIM-Studie 2008 und JIMplus Studie 2008 vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest abrufbar unter: http://www.mpfs.de