Die Idee der neuen Animationsserie Raymond


Seit August 2012 ist täglich die neue Kinderserie Raymond auf dem Kinderkanal (KiKA) zu sehen. Benannt ist die Serie nach der Hauptfigur Raymond – Ein Junge mit auffällig roten Haaren und einer großen Brille, der scheinbar vom Pech verfolgt wird. Dennoch macht er stets das Beste aus den verzwickten Situationen und bekommt dabei Hilfe von seinen besten Freunden Marcello und Yvon. Doch was sind die Besonderheiten dieser Kindersendung? Frau Heike Lagé, verantwortliche Redakteuerin beim ZDF, stand medienbewusst.de Rede und Antwort.

Können Sie uns kurz die Figur Raymond vorstellen?

Raymond ist ein 8-jähriger Grundschüler, der kein typischer Held ist. Dies wird deutlich, da er nicht als cool gilt, uncoole Eltern hat und er auch bei den Mädchen nicht besonders gut ankommt. Er ist eher ein Durchschnittstyp, in dem sich wohl jedes Kind in der einen oder anderen Situation wiedererkennen kann. Natürlich nicht durchgängig, denn er zieht das Pech magisch an. Raymond hat einen überzeichneten Charakter. Er ist somit eine Kunstfigur, was er durch seine Eigenschaften und Verhaltensweisen deutlich macht.

Sie sprechen da bereits ein Problem vieler Animationsserien an: Denn oftmals werden die Figuren überzeichnet und übertrieben schön und perfekt animiert. Warum wurde bei Raymond der umgekehrte Weg eingeschlagen und eine „merkwürdig“ aussehende Figur geschaffen?

Es gibt viele Animationsserien, deren Charaktere nicht übertrieben perfekt animiert sind. Das ist einfach eine Frage der Konzeption, also der Erzählweise, der Thematik und des Kosmos, der zum Leben erweckt werden soll. Bei Raymond hat man sich für eine sehr skurrile, sarkastische Erzählform entschieden. Die Geschichten sind überhöht und es wird eher zu einer comicartigen Visualisierung übergegangen – große Köpfe, kleine Körper, dünne Beinchen. Der Stil gibt bereits den Hinweis darauf, dass die Geschichten nicht eins zu eins gemeint sind, sondern dass Ironie und Sarkasmus eine Rolle spielen werden. Keine so leichte Aufgabe für die Zielgruppe zwischen sechs und zehn Jahren. Trotz garstigem Ton und gemeiner Aktion muss es gelingen, Sympathie für den Antiheld zu erzeugen.

Können Sie uns einen kleinen Einblick in die Erlebniswelt des Raymonds geben?

Raymond muss sich ständigen Herausforderungen stellen. Und das ist das Besondere an seinem Charakter: Er gibt nie auf. Er bemüht sich seit langem um Louise, schafft es aber nicht so richtig bei ihr zu landen, weil er nicht weiß, wie man das macht – da helfen auch keine Tipps aus einem Magazin. Er wird für den neuen Liebhaber der Bibliothekarin gehalten und weiß nicht, wie er dieses Gerücht aus der Welt schaffen soll – stattdessen nährt er es immer mehr. Er traut sich nicht zu erzählen, dass sein Vater nur Finanzbeamter ist und macht ihn zum Geheimagenten, was diesen dann aber in große Schwierigkeiten bringt.

“Raymond hat schon früh verstanden, dass es auf der Welt zwei Sorten Menschen gibt. Es gibt die, denen alles gelingt, und die, für die jeder Tag ein Kampf ist. Auf der Suche nach Anerkennung gehört Raymond eindeutig zur zweiten Kategorie. Aber er gibt niemals auf.“ Inwieweit kann das Fernsehen den Kindern mit auf den Weg geben, dass sie nicht gleich aufgeben sollen, wenn etwas nicht gelingt?

Das Fernsehen ist nur begrenzt in der Lage, auf Verhaltensweisen der Zuschauer Einfluss zu nehmen. Es kann nur versuchen, Geschichten zu erzählen, die den Zuschauer gut unterhalten, Spaß machen, die ihn emotional berühren, an denen er Anteil nimmt und vielleicht hier oder da einen Tipp bekommt für eigenes Handeln.

Welches Ziel wird daraufhin auch mit der Unterschiedlichkeit der dargestellten Persönlichkeiten in der Serie verfolgt?

Sehr unterschiedliche Charaktere bilden den Cast dieser Serie, damit man beim Konstruieren der Geschichten viel Potential für Konflikte und interessante, witzige Inhalte hat. Die sanfte Louise als ewiges Objekt der Begierde; Valerian der Gegenspieler – Angeber, Besserwisser, Egoist und selbstherrlicher Unsympath; Lucille – die Fatalistin, die alles negiert, was die Erwachsenen sagen und unbarmherzig nach Selbstverwirklichung strebt. Ohne diese facettenreichen Charaktere sind keine spannenden, witzigen, unterhaltsamen Geschichten auf dem Schulhof möglich.

medienbewusst.de bedankt sich bei Heike Lagé für das Interview und wünscht weiterhin viel Erfolg.