Kinderseiten im Internet sind nicht immer gleich kindgerecht. Ein Verein, der sich seit 2002 für altersgerechte Qualität von Kinderseiten einsetzt, ist der Erfurter Netcode. Durch ein Gütesiegel zeichnet die Initiative hervorragende Seiten aus und hilft somit Kind und Eltern, vertrauenswürdige Seiten mit altersgerechten Inhalten zu finden. medienbewusst.de sprach mit Achim Lauber, Geschäftsführer des Erfurter Netcode, über seinen Verein und die Entwicklung des Internets.
Herr Lauber, erst einmal ganz allgemein: Was ist der Erfurter Netcode?
Der Erfurter Netcode ist ein gemeinnütziger Verein, der vor über zehn Jahren, als Reaktion auf den Amoklauf am Erfurter Guttenberg-Gymnasium, gegründet wurde, . In den Medien war sehr schnell davon die Rede, dass das eine Folge und Wirkung der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen sein muss, im Sinne von „die sitzen ja nur noch alleine vor den Computern“. Es gab damals einige Leute in Erfurt, unter anderem Prof. Burkhard Fuhs, der Kindheitsforschung an der Universität Leipzig betreibt, die dagegen argumentierten und sagten, dass es keinen Sinn macht so zu tun, als ob die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen generell schlecht wäre. Wir müssen viel eher dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche qualitativ hochwertige und altersgerechte Medienangebote finden. Daraufhin gründete sich der Erfurter Netcode. Er wird u.a. getragen von der Universität Erfurt, der katholischen und evangelischen Kirche und der Thüringer Landesmedienanstalt. Insgesamt hat der Verein 17 Mitglieder.
Die Haupttätigkeit unseres Vereins ist es, qualitativ hochwertige Internetangebote für Kinder zu finden und zu bewerten und besonders hervorragende Angebote mit einem Qualitätssiegel auszuzeichnen.
Wie erfolgt die Auswahl der Webseiten?
Es gibt zwei Wege. Einerseits suchen wir selbst. Auf der anderen Seite gibt es die Möglichkeit, über unsere Website ein Anmeldeformular auszufüllen und sich für das Siegel zu bewerben. Das wird auch relativ rege genutzt, da sich unser Siegel in den letzten zehn Jahren schon als Gütekriterium für eine Website etabliert hat.
Eine Seite, die unser Siegel erhalten hat, kann es auf der eigenen Seite in den Vordergrund stellen, als Prüfstempel für gute kindgerechte Qualität: Unser Siegel ist das weiße Känguru auf blauem Hintergrund.
Warum denn ein Känguru?
Der Gedanke, der dahinter steckt ist der, dass Kinder durchs Netz hüpfen können, frei und selbstständig. Anderseits aber auch bei Bedarf die Geborgenheit der Mutter suchen und im Bauchbeutel geschützt werden. Es geht um die Verbindung des Schutzgedankens mit der Selbstbestimmung der Kinder.
Geschäftsführer Achim LauberUnd wie läuft der Prozess der Siegelvergabe ab?
Wir haben einen Siegelausschuss aus momentan 25 Expertinnen und Experten aus den Bereichen Kommunikationswissenschaft und Medienpädagogik. Diese sind im ganzen Bundesland verteilt und arbeiten online zusammen. Die Webseiten werden mittels einer Bewertungsdatenbank von mehreren Experten ehrenamtlich bewertet. Im Zuge dieser Bewertung werden Mängel auf der Seite herausgestellt, die dann bei einem Beratungsgespräch mit dem Webseitenbetreiber versucht werden zu beheben. Sofern am Ende ein eindeutiges Votum für die Seite vorhanden ist, bekommt diese Seite dann unser Siegel.
Was sind das für Qualitätskriterien, die geprüft werden?
Bei Webseiten und vor allem Social Web-Angeboten für Kinder werden unter anderem folgende Kriterien geprüft: Transparenz, Werbung und Verkauf, Datenschutz und Privatsphäre sowie Jugendmedienschutz und die Förderung der Medienkompetenz.
Sind Ihre ausgezeichneten Seiten ohne Werbung?
Wir akzeptieren Werbung, weil wir wollen, dass es ein ordentliches Angebot für Kinder im Netz gibt. Und dieses zu wollen bedeutet auch anzuerkennen, dass die Seiten finanziert werden müssen. Nun ist es in Deutschland einerseits so, dass ein geringer Anteil des Kinderseitenmarktes von öffentlichen Mitteln finanziert wird, zum Beispiel durch das Programm „Ein Netz für Kinder“. Der weitaus größere Markt muss sich jedoch selber finanzieren. Dabei ist es natürlich wichtig, dass die geschaltete Werbung auch als solche zu erkennen ist, und zum Beispiel durch das Wort „Anzeige“ gekennzeichnet wird. Auf Pop-ups oder Werbung, die auffordert Daten für ein Gewinnspiels preiszugeben, sollte jedoch verzichtet werden.
Wie hat sich das Internet Ihrer Meinung nach, insbesondere in Bezug auf die Kinderfreundlichkeit, entwickelt?
Es hat sich quantitativ ganz enorm entwickelt. Es gibt mittlerweile eine sehr große Auswahl an Seiten für Kinder. Qualitativ hat sich nicht so viel entwickelt, wie wir es uns wünschen würden. Während der Markt immer breiter wird, gibt es doch noch sehr viele Bereiche in denen man sieht, dass das Erstellen von Kinderseiten immer noch ein „trial and error“ ist. Dazu zählt offenbar auch die Frage: „Wie kann ich damit Geld verdienen?“. Ist zum Beispiel der Weg über ein Abonnement sinnvoller als Werbung zu schalten? Versuche ich an die Eltern heranzugehen und zu sagen, unsere Seite ist werbefrei, dafür müsst ihr aber einen kleinen Obolus bezahlen?
Das sind Beispiele, an denen man erkennt, dass unterschiedliche Anbieter verschiedenen Wegen einschlagen. Manchmal kommt etwas Positives dabei heraus, aber manchmal geht das eben auch nach hinten los.
medienbewusst.de bedankt sich bei Achim Lauber für das Interview und wünscht weiterhin viel Erfolg.
Wiebke Wegner
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