Gefangen im Netz der Onlinespiele


In der heutigen Welt, in der ein Internet-Anschluss nicht mehr wegzudenken ist und in der es scheinbar unendliche Möglichkeiten gibt das Internet zu nutzen, kommt es jedoch auch zu vielen neuen Gefahren, denen sich Nutzer häufig gar nicht bewusst sind. Eine große Gefahr für alle Altersgruppen, aber insbesondere für Kinder und Jugendliche, ist die so genannte Online-Spielsucht.

Was genau ist Online-Spielsucht?

Wie schon viele Kliniken erkannt haben, ist Online-Spielsucht eine ernstzunehmende Krankheit. Die Sucht weist ähnliche Symptome auf wie andere Süchte auch. Das Spielen des Spieles steht immer im Mittelpunkt. Alles andere im Leben wird vernachlässigt. Ähnlich wie bei einer Drogensucht, kann der Betroffene an kaum noch etwas anderes denken als das Spiel. Man kapselt sich mehr und mehr von Freunden und Bekannten ab, um mehr Zeit zum Spielen zu haben. Es endet oft in einer vollkommenen Isolation des Betroffenen. Das Haus wird nur noch in seltenen Fällen verlassen. Außerdem werden Grundbedürfnisse wie Hygiene, Essen/Trinken und Schlaf hinausgezögert, solange es geht. Bei Abstinenz des Spieles treten auch bekannte Sucht-Erscheinungen wie Nervosität, Unruhe, Zittern und Schweißausbrüche auf.

Welche Spiele machen besonders abhängig?

Ein World of Warcraft-Spieler am Computer

Die mit Abstand häufigste Ursache von Online-Spielsucht ist auf die so genannten MMORPG’s (Massively Multiplayer Online Role Playing Games) zurückzuführen. In diesen Spielen teilt man sich eine offene Welt mit mehreren Millionen anderen Spielern und taucht so in eine fiktive Wirklichkeit ein, die wie eine Ersatz-Welt zur Realität ist. Solche Spiele zeichnen sich dadurch aus, dass sie kein Ende haben. Die Welt ist unfassbar groß und es gibt so viele Dinge zu erledigen, dass man sich mehrere tausend Stunden damit beschäftigen kann. Der besondere Reiz für Spieler liegt in der Tatsache, dass man für alles, was man macht, belohnt wird. Die eigene Ausrüstung wird ständig verbessert, das Level erhöht, die Kraft gesteigert und es gibt fast unbegrenzte Möglichkeiten seinen Charakter zu individualisieren. Die virtuelle Welt belohnt den Spieler rund um die Uhr und gibt Spielern so das Gefühl von Anerkennung und Respekt. Und genau dort liegt die Gefahr, denn Spieler, die im wirklichen Leben unglücklich sind und kaum Anerkennung finden, können sich schnell in der zweiten „Heimat“ verlieren. Sie bleiben stecken im Sumpf der Glücksgefühle, der Rollenspiele und wollen nicht mehr zurück in die reale Welt, in der es häufig nicht so einfach läuft und Erfolge erst hart erarbeitet werden müssen.

Auf vielen Internetseiten, wie z.B. onlinespielsucht.de oder rollenspielsucht.de, lassen sich Berichte von Betroffenen finden. Als Paradebeispiel für ein Spiel mit besonders hohem Suchtpotenzial wird häufig das erfolgreichste Multiplayer-Rollenspiel World of Warcraft genannt. Das Spiel hatte zu Höchstzeiten bis zu zwölf Millionen aktive Spieler. Dort gibt es so genannte „Instanzen“, bei denen sich bis zu vierzig Spieler in einer Gruppe versammeln können, um die schwierigsten Inhalte, die die Instanzen bieten, zu meistern. Dazu ist viel Absprache und Kommunikation nötig. Aus diesem Grund gibt es für diese Instanzen Gilden (ein Zusammenschluss aus vielen Spielern), die sich besonders auf das Abschließen dieser harten Instanzen konzentriert haben. In diesen Gilden, die auch Hardcore-Gilden genannt werden, gibt es sehr scharfe Regeln und eine ausgefeilte Hierarchie. Eine Instanz kann bis zu acht Stunden dauern, weshalb nur die aktivsten Spieler einen Platz in einer Gilde einnehmen können. Wer nicht den ganzen Tag vor dem Computer verbringen will und weniger als acht Stunden spielt, wird aus der Gilde hinausgeworfen, da er sehr schnell nicht mehr die benötigte Ausrüstung hat, um mitzumachen. Während einer Instanz ist es nicht gerne gesehen kurz den Rechner zu verlassen, um z.B. etwas zu essen oder sonstiges zu erledigen. Der gegenseitige Druck der Spieler solcher Gilden ist enorm. Jeder will immer mithalten und an jedem Tag möglichst viel erreichen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Besonders im asiatischen Raum hört man auch immer wieder von Todesfällen am Rechner. Dort führten Spieler Sessions von über fünfzig Stunden und starben später an Erschöpfung. Dies sind jedoch absolute Ausnahmefälle.

Anzeichen für Online-Spielsucht

Nun darf man natürlich nicht direkt pauschalisieren und alle WoW-Spieler oder andere MMORPG-Spieler als abhängig titulieren. Der größte Teil der Spieler sind ganz normale Menschen mit einem geregelten Leben und einer Spielzeit, die nicht weiter bedenklich ist. World of Warcraft ist ein hervorragendes Spiel und kann durchaus auch Kindern empfohlen werden. Eltern sollten jedoch ihr Kind im Auge behalten und darauf achten, dass der Spielkonsum in normalen Bahnen bleibt. Erste Anzeichen einer Spielsucht sind z.B. ein plötzlicher Leistungsabfall in der Schule, wenn das Kind ständig in Gedanken woanders zu sein scheint, sich mehr und mehr in seinem Zimmer aufhält und nicht mehr mit Freunden unterwegs ist.

Es gibt sogar einen hilfreichen Online-Test für Eltern, bei dem sie selbst testen können, ob ihr Kind Anzeichen einer Online-Spielsucht aufweist. Außerdem lassen sich auf der Seite viele Berichte von Betroffenen finden und hilfreiche Tipps zur Behandlung der Sucht.

Jan Kloft

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