Lernen mit digitalen Medien: Ein Interview mit Daniel Bialecki, dem Geschäftsführer von scoyo


Die Lernplattform scoyo ist eine der erfolgreichsten ihrer Art. Schüler und Schülerinnen der ersten bis siebten Klasse können selbstbestimmt durch Geschichten unterrichtsbegleitende Lerninhalte entdecken. Auch Medienkompetenz ist von großer Bedeutung für scoyo. In diesem Zusammenhang hat sich medienbewusst.de mit dem Geschäftsführer Daniel Bialecki getroffen.

 

Sie verfolgen den Grundgedanken des selbstbestimmten Lernens. Was verstehen Sie darunter?

Darunter verstehen wir, dass Kinder Lerninhalte nach ihrer Motivation und ihren Interessen aussuchen und bearbeiten. Es gibt keine starren Vorgaben, was wann gelernt werden soll. Den Kindern sollte es möglich sein, sich zu entscheiden, ob sie gerade ein spannendes Thema in Deutsch, Bio, Physik oder einem anderen Bereich bearbeiten wollen. Auch wenn das nicht den klassischen Fächern entspricht, die gerade in der Schule durchgenommen werden. Wenn es das Kind interessiert, sollte es sich trotzdem damit auseinandersetzen dürfen, weil es dann voller Motivation und Spaß lernt.
Kinder sollten individuell nach ihren Bedürfnissen gefördert werden und in die Richtung lernen können, in die sie sich entwickeln wollen. Harte Vorgaben wirken hier nur einschränkend und demotivierend.

Wie können Digitale Medien dabei helfen?

Digitale Medien sind, je nach Aufbau, für Kinder unglaublich attraktiv. Sie machen Dinge auf verschiedene Art und Weise lebendig, was klassischen Medien nicht gelingt. Digitale Medien können bei der Selbstbestimmtheit helfen, sich aber auch ausgezeichnet auf Stärken und Schwächen einstellen: Wenn das Kind zum Beispiel Lerneinheiten zum Thema Bruchrechnen gemacht hat, kann ein digitales Medium automatisch analysieren, ob die nächste Einheit leichter oder schwerer sein sollte, oder ermittelt, wo ein Fehler seine Ursache hat.

Wie versuchen Sie Lernen so attraktiv wie möglich anzubieten?

Wir bieten Lerninhalte in Form von animierten und alltagsrelevanten Geschichten an. Der Schulstoff wird also lebendig und anschaulich vermittelt. Wir überlegen immer, wo der Schulstoff in das echte Leben eingekoppelt ist. Dann binden wir ihn in eine passende Geschichte ein. Das Kind sieht etwas und kann dann die Relevanz des Schulstoffs erfassen. Das funktioniert gut, weil es die natürliche Art des Lernens ist. Der Ansatz, den wir bei scoyo verfolgen, ist, ein erzählendes, problem- und lösungsorientiertes Lernen.

Sollten Medien ihrer Meinung nach intensiver in den Schulunterricht eingebunden werden?

Auf jeden Fall, speziell Onlinemedien. Dies geschieht heutzutage noch zu wenig. Sicherlich retten Onlinemedien keinen schlechten Unterricht, aber sie können einen Beitrag zur Verbesserung der Qualität leisten. Auch die Einbindung und der Umgang mit neuen Medien sollte schnell vonstattengehen. Vor allem bei der Differenzierung innerhalb der Klasse sind Schulen überfordert. Insbesondere in der Grundschule gibt es sprachliche Niveau-Unterschiede. Das bedeutet, Kinder, die schon in der ersten Klasse lesen können und Kinder, die Probleme mit ihrer Heimat- oder Landessprache haben, werden innerhalb einer Klasse unterrichtet. Auf diesen Unterschied muss der Lehrer*in eingehen, er muss ihn ausgleichen. Onlinemedien beziehungsweiseneue Medien helfen dabei unheimlich, weil sie eine differenzierte Förderung für einzelne Kinder bieten. Wenn Kinder viel erfahrener als die Lehrer*innen im Einsatz neuer Medien sind, ist das ein Problem. Es passiert zum Beispiel immer wieder, dass Lehrer*innen keine Erfahrung im Umgang mit YouTube haben. Die Kinder wissen besser Bescheid, sind allerdings relativ führungs- und orientierungslos, ihnen fehlt die Medienkompetenz. Sie machen fast ausschließlich eigene Erfahrungen damit, weil es kaum jemanden gibt, der ihnen sagt, worauf zu achten ist. Hier fehlt den Schulen qualifiziertes Personal.

Wie können beziehungsweise sollten Eltern ihren Kindern Grenzen setzen, um deren Medienkonsum im Auge zu behalten?

Das ist eine spannende Frage, vor allem das Thema des Grenzen-Setzens. Das Wichtigste ist, dass Eltern in einem Dialog mit ihren Kindern bleiben. Kinder fühlen sich schnell kontrolliert. Sie glauben, sie werden ohnehin nur in ihrer Nutzung eingeschränkt und erzählen den Eltern nicht, was sie machen. Es ist also wichtig, aufgeschlossen und mit einer positiven Einstellung, nicht mit Skepsis, an die Thematik heranzugehen. Denn diese wird schnell registriert, gerade im pubertierenden Alter. Ist die Tür erstmal zu, wird es umso schwerer, sie wieder zu öffnen. Eine spannende Komponente ist auch, dass Eltern sich ihrer Vorbildfunktion nicht bewusst sind. Die eigene Mediennutzung wird von den Kindern bewusst wahrgenommen. Ein großer Appell von uns ist es, dass dieselben Regeln für Eltern und Kinder gelten sollten. Das gilt nicht nur für das Nutzen neuer Medien. Im Netz gibt es viele Seiten, die sich damit auseinandersetzen und einem bewusstmachen, worauf zu achten ist. Scoyo hat einen Elternabend zu diesem Thema veranstaltet.

medienbewusst.de bedankt sich bei für das Interview und wünscht weiterhin viel Erfolg.