Licht aus – Spot an: Kinosaal statt Klassenraum


Vom 13. bis zum 26. November 2008 war es wieder soweit: Die alljährlichen Berliner Schulkinowochen lockten mit Kinovorstellungen, Filmprojekttagen und Lehrerfortbildungen zahlreiche Besucher in die Hauptstadt. Schulklassen aller Jahrgangsstufen hatten die Möglichkeit den Unterricht in große und kleinere Kinosäle zu verlegen und somit etwas Neues, Spannendes und trotzdem Lehrreiches in den Schulalltag zu bringen.

Jedes Jahr bieten die Schulkinowochen ein Programm mit pädagogisch wertvollen und teilweise preisgekrönten Werken, die nach Altersgruppen sortiert gezeigt werden. Dabei behandeln die Filme wichtige Themen wie zum Beispiel Integration, Geschlechterrollen, deutsche Geschichte oder auch auftretende Konflikte in und zwischen Kulturen. Anschließend kann man in Diskussionen das eben gesehene aufgreifen und analysieren. Auch eingeladene Gäste wie Regisseure, Darsteller oder Medienpädagogen sind hierzu oft präsent. Weiterhin gibt es kostenloses Material zur Vor- und Nachbereitung und natürlich die zusätzlichen Begleitaktionen, im Zuge derer parallel in ganz Berlin Projektworkshops angeboten werden. Die Schüler können und sollen sich somit produktiv mit dem Medium Film auseinandersetzen und spielerisch Einblicke in die Filmentstehung und andere Teilgebiete gewinnen. Veranstaltet wird dieses Programm von Vision Kino gGmbH, dem Netzwerk für Film- und Medienkompetenz in Zusammenarbeit mit dem JugendKulturService, seinen Projekten Kinderkinobüro und Spatzenkino, sowie dem Kinderfilm Berlin e.V. und dem Berliner Landesinstitut für Schule und Medien (LISUM). Den Erfolg dieses Konzeptes erkennt man klar an den Teilnehmerzahlen: im Jahr 2006 besuchten insgesamt 27 000 Berliner und Brandenburger Schüler die Kinowochen. Dieses Ergebnis lässt sich leicht nachvollziehen, denn auch dieses Jahr boten die Veranstalter wieder ein gut durchdachtes Programm.

Das Schwerpunktthema für die Grundschüler lautete „Ich bin ich“. Es ging hierbei vor allem um das „anders sein“ und den Versuch der Kinder ihre eigenen Wünsche mit den Anforderungen der Umwelt in Einklang zu bringen. Solche Filme helfen schon den Jüngsten besser mit ihrem Umfeld zurechtzukommen und Mut für ihr eigenes Denken und Handeln zu fassen. Auch ältere Werke, die so genannten Klassiker, sind oft mit von der Partie, denn sie sind Beispiele für die Zeitlosigkeit von Erzählungen und Emotionen.

Eröffnet wurden die diesjährigen Schulkinowochen mit dem italienischen Film „Rot wie der Himmel“, der für Schüler ab der fünften Klassenstufe auf dem Programm stand. Für die Jüngeren gab es Vorführungen von „Die kleine Hexe“ (ab Klasse 2), „Der Fuchs und das Mädchen“ sowie „Ratatouille“ (ab Klasse 3), „Gilles“ (ab Klasse 4) und viele andere. Zum Titel „Kinderfilm des Monats“ schaffte es „Das fliegende Klassenzimmer“.
Doch warum zeigt man den Schülern all diese Filme, wenn viele davon doch schon längst auf DVD erhältlich oder im normalen Fernsehprogramm enthalten sind? Ganz einfach: In den Lichtspielhäusern ist die Wirkung viel stärker. Durch die große Leinwand und den dunklen Raum ist der Blick ganz gezielt und konzentriert nach vorne auf das Geschehen gerichtet. Gleichzeitig befindet man sich in einer großen Gemeinschaft. Jedes Kind kann seine Gefühle mit anderen teilen, was sehr wichtig für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit ist.

Allerdings gilt dies genauso für die „Größeren“. Das Programm der Oberschüler befasste sich mit dem Schwerpunkt der Persönlichkeitsbildung, aber auch anderen Themen wie zum Beispiel dem Nationalsozialismus. Filme wie „Unsere Erde“ (Dokumentation ab Klasse 5), „Der Zauberer von Oz“ (Klassiker ab Klasse 5), „Hairspray“ (ab Klasse 7), „Persepolis“ (ab Klasse 9) und „Die Welle“ (ab Klasse 10) flimmerten hier über die Leinwand. Eine ganz außergewöhnliche Vorführung war wohl der Propagandafilm von 1933 „Der Hitlerjunge Quex“, den sich die Schüler ab der zwölften Klassenstufe ansehen konnten. Darüberhinaus gab es noch ein Sonderprogramm zum Thema Menschenrechte.

Es ist offensichtlich, dass die Berliner Schulkinowochen einen erheblichen Beitrag leisten, um Kindern jeglicher Altersgruppen den Umgang mit dem Medium Film verantwortungsvoll zu vermitteln. Es sollen Verständnis für mediale Inhalte geschaffen und die Sprache der Gestaltung eines solchen Mediums vermittelt werden. Außerdem werden die daraus resultierenden Wirkungen mit Hilfe der Pädagogen und Experten analysiert. Des Weiteren wird dieses bundesweite(!) Angebot, auch „Kinoseminare“ genannt, als offizielle Unterrichtszeit anerkannt. Auf Wunsch können ausgewählte Filme sogar in Originalfassung mit Untertiteln gezeigt werden. All diese Vielfalt der Filmwelt steht den Schülern schon für drei Euro pro Person offen; Lehrkräften steht der Eintritt sogar frei.

Die Berliner Schulkinowochen sind ein Zeichen dafür, dass der Film ein wirklich effektives Mittel sein kann, um Kindern und Jugendlichen einen verantwortungsbewussten und sicheren Umgang mit Medien zu vermitteln. Nicht nur in Berlin, auch in anderen, kleineren Städten besteht (fast immer) die Möglichkeit einen Kinobesuch in den Unterricht zu integrieren und somit die Medienkompetenz der Schüler aufzubauen und zu stärken. Jede Schule sollte diese Gelegenheit nutzen, denn „ein Bild sagt manchmal mehr als tausend Worte“.

Tina Otto

Quelle:
http://www.jugendkulturservice.de/schulkinowochen
Programmhefte der Berliner Schukinolwochen