Die deutsche Musikindustrie hat dem illegalen Herunterladen von Musik aus dem Internet den Kampf angesagt und greift mit einer Welle an Anklageschriften durch. Seit Anfang 2007 wurden 25.000 Strafanzeigen gegen Internetnutzer erstattet, die sich illegal Musik heruntergeladen haben und diese im Netz anbieten. Den meisten Menschen ist bewusst, dass der Musiktausch illegal ist, aber es fehlt das nötige Unrechtsbewusstsein, klagen die Produzenten. Damit ist nun Schluss. Es sei kein Kavaliersdelikt, sondern ein Straftatbestand – argumentiert die Plattenbranche mit ihrem massiven Vorgehen. An den Musik-Genres lasse sich erkennen, dass ein Großteil der Tatverdächtigen Jugendliche seien.
Auf Tauschbörsen wie Emule, Bearshare und Limewire sind vor allem Kinder und Jugendliche unterwegs, die die Konsequenzen unterschätzen. 95 Prozent der Täter sind minderjährig. Für die meisten Kinder ist das sogenannte Filesharing ein Hobby, eine gängige Art die neuste Musik zu bekommen. Wer auf Tauschbörsen kostenlos Musik und Hörbücher herunter lädt und diese gleichzeitig anbietet, ist nur ein paar Klicks von der Illegalität entfernt und riskiert es von Abmahn-Kanzleien erwischt zu werden. Im Auftrag der Musikindustrie durchsucht der Anwalt Clemens Rasch und seine ProMedia GmbH das Internet nach Usern, die illegal Musik tauschen. Bis zu 100 Ermittler sind im Einsatz, die User aufzuspüren, die urheberrechtlich geschütztes Material anbieten. Die Ermittler scannen das Internet nach illegal herunter geladenen Musikstücken; meist nach Titeln, die in den Charts weit oben platziert sind. Stoßen sie auf illegale Tauschbörsen, ermitteln sie die IP-Adresse des Anbieters und leiten diese an die Staatsanwaltschaft weiter, die über die Provider den Anschlussinhaber feststellt. Zur strafrechtlichen Verfolgung kommt es oftmals nicht und die Verfahren werden wegen Geringfügigkeit eingestellt. Die meisten Fälle werden gegen Zahlung eines Strafgelds eingestellt. Komme es in Einzelfällen doch zum Prozess drohe eine Geldstrafe, in harten Fällen sogar die Freiheitsstrafe.
Die Plattenbranche und ihre Verluste
Die seit Jahren von sinkenden Verkaufszahlen gebeutelte Plattenbranche macht mit der Abmahnwelle ernst und will nicht nur ein Zeichen setzen. Natürlich werde mit Zähneknirschen die eigene Kundschaft nur ungern verklagt, aber es sei der einzige Weg nötigen Respekt vor geistigem Eigentum zu verschaffen. Gerade jüngeren Internet-Nutzern fehle das nötige Unrechtsbewusstsein. Der Schock über das vermeintlich kriminelle Verhalten der Kinder sitzt tief, wenn eine Abmahnung im Briefkasten liegt. Kostenlos Musik und Hörbücher downloaden kann teuer werden. Schon über 50.000 User wurden erwischt und mit hohen Summen abgemahnt. Mit einer Strafe ab 2.000 bis 10.000 Euro müssen die ertappten Nutzer rechnen. Die User haben einige Tage Zeit, auf die Klageschrift zu reagieren. Mit den Eltern würden dann oft außergerichtliche Vergleiche über den Schadenersatz geschlossen. Das von Kritikern umstrittene Vorgehen wird als Erfolg im Interesse der Künstler und Plattenfirmen gewertet. Den Initiatoren gibt jedoch eine Tatsache recht: bisher wurden Täter, die einmal erwischt wurden, nicht mehr rückfällig.
Mögliche Folgen
Aber nicht jeder Erwischte wird bestraft. Denn für die Rechteinhaber ist es weiterhin ein gewisser Aufwand, die Identität von Filesharing-Nutzern zu ermitteln: Die Internetprovider sind nicht dazu verpflichtet die Kundendaten freizugeben. Deshalb macht die Musikindustrie mit Hilfe von Firmen wie der ProMedia AG ein Umweg über die Staatsanwaltschaft. Nur ihr gegenüber muss der Provider Kundendaten preisgeben.
Die Zahl der illegalen Downloads sei laut der „Brennerstudie“ der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) von 600 Millionen im Jahr 2003 auf 374 Millionen im Jahr 2006 zurückgegangen. Demzufolge haben im vergangenen Jahr 7,5 Millionen Deutsche Tauschbörsen besucht, in denen überwiegend illegales Material steht. Legal seien im vergangenen Jahr 27 Millionen Titel heruntergeladen worden. Die Preise dafür liegen zwischen 99 Cent und 1,50 Euro. Fraglich ist, ob die Kosten zu hoch gegriffen sind. Kritiker sind der Meinung, dass auch geringere Abmahngebühren eine ähnliche starke Abschreckung erzielen würden. Ein aktueller Gesetzesentwurf sieht vor, wenigstens die Anwaltsgebühren auf 50 Euro in Bagatellfällen zu begrenzen. Denn die Fahndung nach Musikpiraterie kann auch den Musikfan treffen, der das Raubkopieren mittels einer Tauschbörse nur einmal ausprobieren wollte. Seit Januar 2008 gilt das neue Urheberrechtsgesetz, das illegale Downloads unter Strafe stellt. Welcher Download wird nun geahndet und welche Art von Kopie ist verboten? Ab sofort drohen beim bloßen Herunterladen von Musik und Hörbüchern hohe Strafen, wenn es sich nicht um legale Angebote oder freigegebene Downloads handelt.
In vielen der Peer-to-Peer Netzwerken wird ein Nutzer, der etwas herunterlädt, automatisch auch zum Anbieter. Sind die Musik- und Filmdateien in einem freigegebenen Ordner untergebracht, so können sich die anderen Nutzer der Tauschbörse bedienen. Wer die Angebote bisher allein zum Download genutzt hat, war auf der sicheren Seite. Das hat sich geändert: Verboten ist das Herunterladen demnach nicht mehr nur bei einer rechtswidrigen Vorlage, also etwa bei einem heimlich mitgeschnittenen Konzert, sondern auch bei einer „öffentlich zugänglich gemachten“. Das bedeutet: Wer in einem Filesharing – Netzwerk Musik- und Filmdateien anbietet, macht sich auch strafbar.
Keine bösen Folgen drohen dagegen, wenn eine gekaufte CD oder DVD für den näheren Freundeskreis gebrannt wird, ohne dass dabei Geld verlangt wird. Einzige Voraussetzung: Die CD oder DVD darf nicht mit einem Kopierschutz versehen sein. In Ordnung ist es zum Beispiel, wenn der Sohn eine gebrannte CD, dem besten Kumpel kopiert. Legale Angebote wie Internet-Radio oder Portale wie YouTube und freigegebene Downloads im Internet dürfen für Familie und Freunde aufgenommen und gespeichert werden. Herunterladen – ohne zu bezahlen – darf man also nur noch, was der Rechteinhaber auch kostenlos anbietet. Prominentestes und zugleich erfolgreichstes Beispiel für die CD- Vermarktung: die Band Radiohead, die ihr aktuelles Album “In Rainbows” ins Netz gestellt hat. Besonderheit hierbei war, dass die Fans selbst bestimmen konnten, was ihnen die Musik wert ist und es ihnen freigestellt war, dafür zu bezahlen oder nicht.
Rechtlicher Hintergrund
«Eltern haften für ihre Kinder.» Inwieweit dieses Motto noch greift, hängt der unterschiedlichen Beurteilung der Gerichte ab. Ende 2007 hat das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden, dass für Erziehungsberechtigte die sogenannte „Störerhaftung“ nicht greift. Demnach können Besitzer eines Internetanschlusses, meistens die Eltern, nicht ohne weiteres dafür haftbar gemacht werden, was ihre Kinder online tun. Auch müssen sie die Internetnutzung ihres Nachwuchses nicht ständig überwachen. Es besteht also keine Haftung für ungeschütztes WLAN. Zwar müsse man seinen Kindern erklären, dass Filesharing, Download und Angebot von urheberrechtlich geschützten Filmen, Musik oder Spielen verboten ist. Eine echte Überwachungspflicht bestehe aber nur, wenn man konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass es zu Rechteverpflichtungen kommen könnte. Das Landgericht München hat demgegenüber entschieden, dass in Fällen von Filesharing Eltern für ihre Kinder haften, da sie ihre Kontrollpflichten verletzt haben. Die Nutzer von WLANs müssen hinreichende Sicherheitsvorkehrungen treffen, um einen Missbrauch durch Dritte auszuschließen. Auch wenn der Besitzer Unkenntnis über die Nutzung seines WLAN hat, besteht für ihn die „Störerhaftung“. Wichtig ist, dass eine Firewall installiert ist und so das Herunterladen von Filesharing – Software verhindert werden kann. Etwa eine Milliarde Euro Umsatz, schätzt der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft, gehen der Musikindustrie jährlich verloren, wenn die Nutzer sich auf illegalem Wege Kopien von Musiktiteln besorgen. Tauschbörsen im Internet seien für die Jugendlichen normal, legale Alternativen haben bis vor kurzem gefehlt. Der Musikindustrie wird oftmals vorgeworfen, zu spät auf den Zug der legalen Musikangebote im Internet aufgesprungen zu sein. Bisher haben nur kleinere Künstler und Plattenlabels die Werbewirkung von verschenkten mp3s entdeckt, um auf neue Songs oder eine Tour aufmerksam zu machen. Zu groß ist die konkurrierende Medienvielfalt, die Jugendlichen angeboten werden. Das Verhalten der Nutzer habe sich geändert, die meist jungen Hörer holen sich die Musik lieber aus dem Internet, als in den Plattenladen zu gehen. Daher sollten die Musikindustrie lieber mit Aufklärung sowie konstruktiven Angeboten für legale Nutzungsformen von Musik agieren, statt mit purer Strafverfolgung durchzugreifen.
Was ist eine Tauschbörse?
Auf Tauschbörsen lädt man nicht nur Musik herunter, sondern stellt Dateien auf der eigenen Festplatte anderen zur Verfügung und wird als Nutzer automatisch zum Anbieter.
Filesharing ist das Weitergeben von Dateien zwischen den Nutzern des Internets. In der Regel erfolgt dies über Peer-to-Peer-Netzwerke (P2P). Für den Zugang zu einem solchen Netzwerk wird ein spezielles Computerprogramm benötigt (eMule, eDonkey, Gnutella oder KaZaA).
Wie kann man als User einer Tauschbörse erwischt werden?
Auch wenn das Internet in seiner Größe und Vielfalt nicht greifbar ist, bewegt man sich als Nutzer nicht völlig anonym. Jeder Computer besitzt eine IP-Adresse, über die zurückverfolgt werden kann, welcher Nutzer dahinter steckt. Im Auftrag der Musikindustrie werden die Tauschbörsen nach diesen IP-Nummer abgescannt. Wird eine Strafanzeige gestellt, muss der Internetprovider persönliche Kundendaten des Nutzers freigeben.
Was ist zu tun, wenn man ein Filesharing – Programm auf dem PC hat?
Wenn ein solches Filesharing – Programm auf dem PC installiert sind, muss überprüft werden ob der Ordner mit Musik oder der Ordner „Upload“ in diesem Programm für andere Nutzer frei geschaltet ist. Unter Eigenschaften des Ordners kann man die Freigabe deaktivieren. Zwar ist das Programm noch installiert, die Tauschbörsen-Nutzer haben aber keinen Zugriff mehr auf die eigene Festplatte und der Nutzer ist strafrechtlich gesehen kein Anbieter mehr. Zivilrechtlich kann der Nutzer trotzdem noch auf Schadensersatz verklagt werden. Also Finger weg von Tauschbörsen und das Filesharing – Programm auf dem eigenen Computer komplett löschen.
Was bedeutet die „Störerhaftung“, wer ist davon betroffen und wie kann man sich davor schützen?
Bei der „Störerhaftung“ haftet der Anschlussinhaber, meistens die Eltern dafür, dass er den Internetanschluss zur Verfügung gestellt hat und seine Kontrollpflichten verletzt hat. Trotz unterschiedlicher gerichtlicher Ergebnisse, werden den Eltern umfassende Prüfungspflichten und Kontrollpflichten durch die Gerichte auferlegt. Damit sind eine entsprechende Einweisung und Überprüfung der Kinder hinsichtlich ihrer Internetnutzung sowie die Installation einer Firerwall oder Internetsperre gemeint.
Charlotte Mannheim