Patricia Vasapollo – Kinder sehen gern ein „Wir-Gefühl“


Patricia Vasapollo ist Redakteurin beim Hessischen Rundfunk (HR) und für die Leitung des Kinderprogramms im Bereich Bildung, Familie und Freizeit zuständig. Und das sehr erfolgreich: Im Mai 2012 wurde die Kinderserie „Durch die Wildnis – Das Abenteuer deines Lebens“ mit dem Goldenen Spatz ausgezeichnet. In der Serie geht es um sechs Kinder, die sich fernab von Internet und Fernsehen in der Wildnis Norwegens beweisen müssen. 

Was macht „Durch die Wildnis“ Ihrer Meinung nach bei den Kindern so beliebt?

Ich denke, bei „Durch die Wildnis“ kommt einiges zusammen. Da ist zum einen das Abenteuer, eine völlig fremde und wilde Landschaft gemeinsam zu erkunden. Zum anderen die Erfahrung, dass Menschen es in der Natur auch ohne Toilette, Waschmaschine und mediale Dauerberieselung aushalten können. Gute Gespräche können dann TV und Internet ersetzen.
Die zusätzlichen sportlichen Herausforderungen stärken den Gemeinschaftsgeist und weisen jedem in der Gruppe aufgrund seiner individuellen Stärken eine Rolle zu. Damit wird der Unterhaltungsfaktor für den Zuschauer gesteigert. Dieses „Einer für alle – alle für Einen“-Gefühl kommt bei den Zuschauerkindern sehr gut an, was wir auf die zunehmend leistungsorientierte Gesellschaft zurückführen. Auch das „Wir“-Gefühl beim Scheitern einer Aufgabe haben die Kinder gerne gesehen.

Welche Aspekte sind Ihnen bei der Entwicklung einer Kindersendung besonders wichtig?

Wir bemühen uns, den Kindern auf Augenhöhe zu begegnen. Was beschäftigt Kinder heute und was finden sie spannend? Die Redakteure können die tollsten Ideen haben, aber die Frage ist immer: Ist das auch für die Kinder relevant?
Mir ist immer besonders wichtig, dass Spaß und Humor nicht zu kurz kommen. Dies kann als Ausgleich dienen, da die Kinder von heute sowohl in der Schule als auch in der Freizeit einem nie dagewesenen Druck ausgesetzt sind. Insofern haben Kinder auch mal ein Recht auf Entspannung, Unterhaltung und Eskapismus. Das kann wunderbar mit Zeichentrick und Live-Action-Serien umgesetzt werden, aber eben auch in einem Format wie „Durch die Wildnis“. Gleichzeitig sollen Kinder neugierig bleiben und Fremdem mit Offenheit und ohne Angst begegnen. Kinder sollten im besten Fall lernen, respektvoll miteinander umzugehen.

Wie müsste Ihrer Meinung nach eine Kindersendung gestaltet sein, damit Sie diese den Eltern empfehlen würden?

Sie muss nachvollziehbare, altersgerechte Geschichten erzählen. Dazu gehört eine kindgerechte Dramaturgie und eine hohe inhaltliche und ästhetische Qualität in der Umsetzung. Kinder haben durchaus ein feines Gespür dafür, ob sie ernst genommen werden.

Unser Hauptanliegen ist es, die Medienkompetenz von Eltern, Pädagogen und Kindern zu fördern. Was denken Sie, wie wichtig es ist, dass Kinder Medienerfahrungen sammeln?

Ein Leben ohne Medien ist in unserer Zeit kaum noch vorstellbar. Deshalb ist das Erlernen des richtigen Medienumgangs vergleichbar damit, dass auch gesunde Ernährung oder Schwimmen erlernt werden. „Brainfood-Verbote“ sind nicht angebracht. Vielmehr muss es klare Regeln zur Nutzungsdauer geben. Dabei müssen Kinder auch den Blick dafür schärfen, wann und aus welchem Grund sie ein bestimmtes Medium nutzen. Bin ich auf der Suche nach Infos für ein Referat oder will ich einfach nur entspannen? Wenn man frühzeitig dem Kind den Blick für Nutzen und Schaden schärft, sollte es sich die nötige Medienkompetenz mit der Zeit aneignen. Ich denke, beim Thema „Aneignung von Medienkompetenz“ sind neben den Eltern, vor allem auch die Schulen gefragt.

Was können Sie den jungen Zuschauern in diesem Zusammenhang durch Ihre Produktionen mit auf den Weg geben?

Wir versuchen immer wieder klar zu machen: Nichts kann eine persönliche Freundschaft ersetzen. Soziale Erfahrungen wie Streit und Versöhnung, miteinander lernen und wachsen, waren übrigens auch die spannendste Erfahrung unserer sechs Jugendlichen auf ihrem Weg „Durch die Wildnis“.

Wie schätzen Sie den Stellenwert der Medien bei der Erziehung heutzutage ein?

Ich denke, der Stellenwert hat zweifelsfrei zugenommen. Schon heute gibt es zahlreiche Lernprogramme im Internet auf die Lehrer verweisen und auf die die Kinder gerne als „Nachhilfetool“ zugreifen. Aber auch im Kinderprogramm sind unterhaltsame Wissensprogramme wie „Wissen macht Ah!“ (WDR), „Checker Canoder“ (BR) und „pur+“ (KiKA) überaus erfolgreich. In unseren fiktionalen Programmen achten wir natürlich sehr darauf, welche moralischen und ethischen Werte wir damit vermitteln wollen.
Es wäre aber völlig falsch, anzunehmen, dass ein TV Programm den Eltern ihren Erziehungsauftrag abnehmen könnte. Wir können nur Gesprächsimpulse geben, dann liegt es bei den Eltern das Thema aufzugreifen und es mit ihren Kindern zu vertiefen.

medienbewusst.de bedankt sich bei Patricia Vasapollo für das Interview und wünscht weiterhin viel Erfolg.

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Berit Prante

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