Prädikat: „besonders wertvoll“


„Die Deutsche Film- und Medienbewertung empfiehlt gute Filme: unabhängig, kompetent und aktuell. Ihre Prädikate sind Auszeichnungen und Empfehlungen zugleich.“  Dies ist  auf der Homepage der Institution zu lesen. Doch was genau macht die FBW, die 1951 von den Bundesländern als unabhängige, gutachterliche Stelle gegründet wurde? medienbewusst.de sprach mit der Direktorin Bettina Buchler und erfuhr unter anderem auch, was die Unterschiede zur Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) sind.

Frau Buchler, es gab eine Namensänderung ihrer Institution. Warum und wie hießen sie früher?

Die FBW wurde 1951 als „Filmbewertungsstelle der Länder“ später „Filmbewertungsstelle Wiesbaden“ gegründet und hat im Oktober 2009 eine Namensänderung in „Deutsche Film- und Medienbewertung“ vollzogen. Zum einen soll damit deutlich gemacht werden, dass wir eine Einrichtung sind, die für ganz Deutschland Bewertungen macht. Zum anderen öffnen wir uns damit auch für neue Medien, wie z.B. Handyfilme und Computerspiele mit sehr starken filmischen Zügen. Wir sind solchen Entwicklungen gegenüber aufgeschlossen und weiten uns auf dieses Angebot aus.

Welches Material wird von ihnen bewertet?

Zurzeit ist es so, dass wir hauptsächlich deutsche und internationale Kinofilme, Dokumentarfilme und Kurzfilme prüfen. Die Verleiher und Produzenten dieser Filme reichen Anträge auf freiwilliger Basis und gegen eine Gebühr bei uns ein. Unabhängige fünfköpfige Jurys bewerten die Filme.

Wer arbeitet für die Film- und Medienbewertung?

Für die Einrichtung selber arbeiten sieben Mitarbeiter, davon vier ganztags und drei halbtags. Ab nächstem Jahr haben wir 85 ehrenamtliche Gutachter, die aus ganz Deutschland kommen und hier als Experten bzw. Juroren in Ausschüssen arbeiten. Das muss man sich so vorstellen, dass wir neunzehn Termine im Jahr haben. Dabei ist immer von Dienstag bis Freitag eine Prüfwoche. Die 85 Gutachter werden zum Ende des Jahres in Fünfergruppen zusammengewürfelt und treten für eine Woche als 5-köpfige Jury zusammen, die die eingereichten Filme in dieser Prüfwoche von 9 Uhr bis 19 Uhr in unserem Kino anschaut und im Anschluss ausführlich diskutiert, und eine Entscheidung fällt.

Nach welchen Kriterien wird beurteilt?

Punkt  eins  ist, dass man sich den Inhalt anschaut und sich die Frage stellt, ob  das Thema aus der heutigen Sicht relevant, interessant, originell und neu ist. Punkt zwei ist dann das Handwerkliche. Man schaut sich von der Regie, der Schauspielerführung, der Kamera, dem Licht, der Musik, dem Darsteller bis hin zum Schnitt und Montage alles an. Letztendlich das, was filmhandwerklich auffällt. Es wird allerdings nicht immer jeder Punkt wie auf einer Checkliste abgearbeitet, sondern man betrachtet, was besonders gut  bzw. was vielleicht nicht so gut gelungen ist. Zum Schluss wird ein Resümee gezogen und der Film als Ganzes betrachtet. Also sind die filmischen Mittel dem Thema und dem Inhalt angemessen und erreichen ihr Ziel. Dann wird ein Prädikat vergeben oder auch nicht.

Sie nannten gerade schon das Stichwort Prädikat. Sie vergeben nämlich keine Altersbeschränkungen wie die FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft), sondern die Prädikate „besonders wertvoll“ und „wertvoll“. Warum und gibt es noch andere Unterschiede zur FSK?

Wir beurteilen Filme nach Qualität. Das heißt wir zeichnen Filme aus, die in ihrem Genre besonders gelungen sind. Wir schauen und beurteilen, ob eine Komödie nach den Gesetzen der Komödie gelungen ist und hier besonders herausragt. Ein Actionfilm wird wiederum nach seinem Genre bewertet. Wir bilden mit unseren Prädikaten das gesamte Spektrum ab und empfehlen die besten Filme. Filme mit Prädikat werden besonders gefördert z.B. mit einer Referenzförderung für neue Projekte. Also ein von uns mit „besonders wertvoll“ ausgezeichneter Film bekommt bei der Filmförderungsanstalt Berlin Filmförderung. Die Absicht ist also nicht wie bei der FSK jemanden zu schützen und Jugendschutz zu bertreiben, sondern Produzenten und Verleiher von sehr guten Filmen weiter zu fördern, um neue gute Filme entstehen zu lassen. Mit den Prädikaten – und da unterscheiden wir uns auch von der FSK, die ja bekanntlich mit der Information des Alters herauskommt – gehen wir sehr stark in die Öffentlichkeit um die Filme zu empfehlen. Unsere Gutachten beschreiben ganz genau die Stärken und Vorzüge der Filme und man kann sich ein Bild davon machen, ob einem der Film gefällt oder nicht. Zu allen von uns ausgezeichneten Filmen stellen wir ausführliche Informationen und einen Trailer auf unserer Homepage bereit.

Stehen sie auch im Dialog mit der FSK?

Ja, wir haben einen guten Kontakt. Beide Institutionen haben ihren Sitz in Wiesbaden und wenn ein Film bei uns eingereicht wird, dann haben wir die Informationen über das Alter schon vorliegen. Dies ist allerdings nicht relevant für die Entscheidung, die der Ausschuss hier fällt. Wir überlegen uns gerade auch bei Kinderfilmen zwar die Zielgruppe, also ob der Film altersgemäß aufbereitet ist, aber letztendlich machen wir uns dabei eher über eine Eignung und Empfehlung für ein gewisses Alter Gedanken und nicht über Jugendschutz.

Wie reagieren Antragsteller auf ihre Beurteilungen, insbesondere auf Ablehnungen?

Ablehnungen sind natürlich für keine Seite angenehm. Es erhofft sich letztlich jeder ein Prädikat, sonst würde er seinen Film nicht einreichen und Geld dafür aufbringen. Prinzipiell basiert die FBW auf einem demokratischen Prinzip. Es sind fünf Leute, die mit Mehrheitsbeschluss über ein Prädikat abstimmen. Und es gibt für den Antragsteller auch die Möglichkeit in den Widerspruch zu gehen. Sollte dies geschehen, kommt ein Hauptausschuss zusammen, also fünf ganz neue Gutachter, die den Film nochmal neu bewerten. Der Antragsteller kann auch eine Begründung seines Widerspruches einreichen, die dann bei der neuen Besichtigung verlesen und berücksichtigt wird. In den meisten Fällen werden die Gutachten und Rückmeldungen mit den zugrunde liegenden Argumenten jedoch zur Kenntnis genommen und akzeptiert.

Stehen sie auch im Dialog mit der Filmindustrie?

Ja. Insbesondere deswegen, weil wir nicht mehr nur wie früher die kulturelle Filmförderung als unsere Aufgabe sehen. Mittlerweile sehen wir unsere Aufgaben auch viel stärker darin, mit den Prädikaten eine Orientierung zu geben. Das machen wir verstärkt mit den Verleihern. Beispielsweise fertigen wir eine FBW- Filmempfehlung an, die dann von den Verleihern an die Kinos herangetragen werden. Außerdem wird auch unsere ganze Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für die Filme miteinander abgestimmt.

Gibt es Tendenzen im Filmangebot, die sie in letzter Zeit beobachten können? Insbesondere auch bei Kinder- und Jugendfilmen?

Grundsätzlich kann man sagen, dass die Filme von ihrer Machart immer perfekter werden. Aber auch wenn es um Unterhaltung mit Spannungselementen geht, hat sich einiges getan. Es gibt mittlerweile ein ganzes Spektrum von unterschiedlichen Genres innerhalb des Kinderfilms. Hier deckt der Kinderfilmbereich eine sehr große Vielfalt ab. Vielleicht kann man sagen, dass es heutzutage mehr Filme im Bereich der Fantasy und Mystery gibt. Dies wurde sicherlich von Harry Potter hervorgerufen, aber auch Cornelia Funke hat mit Tintenblut etwas dazu beigetragen. Wichtig ist dabei anzumerken, dass man heutzutage nicht nur fantasievolle Figuren hat, sondern dass es ganze magische Welten gibt. Das ist auf jeden Fall ein neuer Trend, der im Buchmarkt angefangen hat und jetzt bei der Umsetzung der Filme weiter perfektioniert wird.

Wenn man wie Sie den ganzen Tag mit Filmen zu tun hat, kann man da in der Freizeit überhaupt noch ins Kino gehen?

(lacht) Absolut. Es ist eine Leidenschaft. Ich sehe die Filme im Kino natürlich auch noch ein bisschen anders – etwas entspannter. Ich freue mich immer, wenn ich Filme mit Publikum sehen kann, weil ich es schon sehr interessant finde wie Filme aufgenommen werden. Genauso wie auch wir uns immer freuen, wenn wir mal einen Besucher für Kinderfilme haben. Letztendlich bewerten wir bei Kinderfilmen nicht unbedingt nach erwachsenen Kriterien. Wir fragen uns, ob das ein Film ist der die Kinder erreicht, der die Machart hat, die für Kinder gut ist, also auch ästhetische Standards erfüllt. Aus diesem Grund ist es immer schön mit Publikum zu schauen.

medienbewusst.de bedankt sich bei Bettina Buchler und wünscht weiterhin viel Erfolg.

Andreas Blessau

Bildquelle: ©2009 Deutsche Film- und Medienbewertung