Geld für unfertige Massenprodukte zu bezahlen, um diese früher nutzen zu können, hört sich für die meisten zunächst wahrscheinlich etwas merkwürdig an. Das Konzept erfreut sich jedoch seit einigen Jahren in der Videospielbranche extremer Beliebtheit, wie die Entwicklung von Minecraft und die Steam Early Access-Spiele zeigen. Doch was macht das Early Access-Modell so besonders und welche Aspekte sollte man als zahlender Kunde im Hinterkopf behalten?
Wie die Bezeichnungen Early Access und Paid-Alpha andeuten, können Interessierte ein Spiel, welches womöglich noch weit von der Vollendung entfernt ist, kaufen. Häufig geht dieses Geschäft mit einem geringeren Preis als dem Finalpreis und einer Garantie des Zugriffs auf nachfolgende Spielversionen bis zum angekündigten, fertigen Produkt einher. Im Endeffekt wird also vorzeitig für ein sich in der Entwicklung befindendes Spiel gezahlt, um dieses Spiel vor dem Ende des Entwicklungsprozesses spielen zu können und weniger Geld für das Spiel zu bezahlen.
Attraktiv ist das Zahlungsmodell besonders für kleinere Independent-Entwickler, da das Spiel bereits während der Entstehung finanziell durch die zahlenden Spieler unterstützt wird. Kleine Entwicklerstudios können so einfacher kalkulieren und haben bessere Chancen ihr Spiel ohne externe Publisher auf den Markt zu bringen.
Auch viele Spieler reizt die Idee, ein Spiel während der Entwicklung bereits zu spielen und aktiv am Entwicklungsprozess beteiligt zu sein. Durch das Spielen der unfertigen Spielversionen werden aus den Spielern gleichzeitig Tester, die zusätzliches Feedback geben können. Das Early Access-Zahlungsmodell führt deshalb häufig zu einer engen Verbundenheit von Spielergemeinschaft und Entwicklern.
Mit der vorzeitigen Einbindung der Spieler gehen jedoch auch einige Probleme einher. In den meisten Fällen müssen die Spieler mit einer Vielzahl unterschiedlich schwerwiegender Spielfehler leben, die erst nach und nach ausgemerzt werden. Dabei kann nicht immer garantiert werden, dass Spielstände in zukünftigen, verbesserten Versionen noch spielbar sind, sodass die Möglichkeit für große Rückschläge im individuellen Spielfortschritt besteht. Die Spieler müssen sich mit diesen Einschränkungen abfinden und sich vor Augen halten, dass es sich eben (noch) nicht um ein fehlerloses, fertiges Spiel handelt, sondern um eine spielbare Zwischen- oder Entwicklungsversion.
Auch mit Blick auf die Vollendung des Spiels birgt das Early Access-Modell ein gewisses Risiko. So kann es dazu führen, dass ein Spiel niemals abgeschlossen wird, weil es durchgehend durch weitere Funktionen und Inhalte ergänzt wird, um allen Wünschen der Spieler gerecht zu werden oder weil Probleme in der Umsetzung der ursprünglich geplanten Funktionen auftreten. Dieses Phänomen wird auch als ewige Alpha bzw. Beta bezeichnet, da das Spiel sozusagen in der Entwicklung stecken bleibt. Auf der anderen Seite gibt es für die Spieler keine hundertprozentige Garantie, dass das Spiel so weiterentwickelt und abgeschlossen wird, wie es ursprünglich angekündigt wurde. Es kann also passieren, dass die Spielentwicklung beendet wird, obwohl aus Spielersicht noch viele Features fehlen.
Das Prinzip des vorzeitigen Bezahlens und der damit einhergehenden direkten Unterstützung der Entwickler wird wohl auch in Zukunft weiter Verwendung finden, da es Entwicklern und Spielern gleichermaßen Vorteile bietet. Bei allen Vorteilen ist es jedoch immer wichtig zu bedenken, dass man im Endeffekt ein unfertiges Produkt kauft, welches zunächst Fehler haben wird, und sich das fertige Produkt eventuell vom eigenen Wunschdenken unterscheidet. Wird dieser Aspekt berücksichtigt, können Early Access-Spiele Entwicklern und Spielern gleichermaßen viel Freude bereiten.
Marius Becker
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