Computerspielen lernen – gemeinsam mit den Eltern


Fast die Hälfte aller Jugendlichen schätzen Computerspiele als wichtig bis sehr wichtig ein, wobei mehr als jeder zweite Junge täglich bzw. mehrmals wöchentlich spielt, was oft zu Streitereien in den Familien führt. Das Fraunhofer Institut für Digitale Medientechnologie hat ein Projekt durchgeführt, welches die Kommunikation und das gegenseitige Verständnis über Computerspiele zwischen Eltern und Kindern fördern soll. Auf diesem Weg könnte Konflikten in der Familie vorgebeugt werden. medienbewusst.de sprach mit der Projektleiterin Anja Hawlitschek, um mehr über das Projekt zu erfahren.

Die Abteilung Kindermedien des Fraunhofer IDMT ist in den vergangen Jahren verstärkt zu einer Anlaufstelle für verunsicherte Eltern geworden. Anja Hawlitschek hat sich die Klagen vieler hilfloser Eltern angehört – Eltern die nicht wissen, wie sie mit ihren Kindern über Computerspiele sprechen sollen, ohne das es zu einen Streit kommt, weil die Kinder sich zu sehr kontrolliert fühlen oder ein Spiel zu verbieten.

Um diese Wissenslücke zu schließen, wurde das Projekt ChiPP-Children‘s and Parent’s Panel ins Leben gerufen. Damit soll Eltern und Kinder die Möglichkeit gegeben werden, sich über Computerspiele und ihre Sicht der Dinge auszutauschen. An dem Projekt nahmen bereits zweimal jeweils vier Kinder im Alter von 12-14 Jahren und deren Eltern teil. Zunächst spielten die Kinder gemeinsam mit ihren Eltern ein Computerspiel. Im Anschluss daran erklärten die Kinder ihren Eltern, wie sie das Spiel erlebt haben. Die Eltern haben sich somit selbst einen Eindruck vom Spiel gemacht und anschließend die Denkweise des Kindes über das Spiel erfahren.
Mit diesem ersten Schritt soll dem Hauptproblem in der Kommunikation zwischen Eltern und Kind begegnet werden. Frau Hawlitscheks Erfahrung zeige nämlich, dass Eltern häufig nur wenig über die Spiele wüssten, die sie ihren Kindern erlauben oder verbieten. Oftmals haben sie ein Spiel selbst nie gespielt und sich einen eigenen Eindruck verschafft, vielmehr verlassen sie sich auf Urteile der Medien und Befürchtungen von Freunden. Da den Kindern diese Situation bewusst ist, nehmen sie ihre Eltern nicht ernst. Des Weiteren lassen sich die Eltern zu selten darauf ein, ihre elterliche Position zu verlassen und mit ihren Kindern über das Spiel zu sprechen.

Genau an dieser Stelle setzt der zweite Teil des ChiPP-Projektes an: Kinder drehen einen Kurzfilm über eine zuvor mit ihren Eltern diskutierte Problemstellung. Dadurch wechseln die Kinder zwangsläufig die Perspektive und versetzen sich in die Lage ihrer Eltern. Die Kinder arbeiten zum einen mit den Argumenten der Eltern und bekommen gleichzeitig die Chance, zu erklären, wie sie das Spiel wahrnehmen. Frau Hawlitschek erinnert sich in diesem Zusammenhang an einen Jungen, der anschließend versuchte, ein Spiel durchzuspielen ohne seine Gegner zu töten, wie er es zuvor getan hatte.

Bei der Versuchsdurchführung sei besonders das Engagement der Jugendlichen sehr auffällig gewesen. Sie verwendeten wochenlang ihre Freizeit, um den Kurzfilm zu entwickeln, zu drehen und zu schneiden. Und die viele Mühe hat sich gelohnt, denn einer der Kurzfilme belegte beim Jugendmedienpreis sogar Platz eins. Und auch das eigentliche Ziel dieses Projektes, dass die Eltern verstehen, was die Kinder an Computerspielen so fasziniert, wurde erreicht. Ein Projekt mit vier Kindern ist selbstverständlich wenig repräsentativ, dennoch machte ChiPP deutlich, dass Eltern viele offene Fragen im Umgang mit den Computerspielen ihrer Kinder haben. Es soll ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass elterliche Verbote allein nicht den gewünschten Erfolg erzielen, sondern das vielmehr die Computerspielekompetenz durch Reflexion und Kommunikation gefördert werden kann. Frau Hawlitschek betont, dass sich Eltern die Spiele ihrer Kindern zeigen lassen sollten, anstatt mit Vorurteilen die Kinder vom Nicht-Spielen überzeugen zu wollen.

An diesem Punkt knüpft auch ein Projekt aus Erfurt, der Spawnpoint an, der Kindern und Eltern oder auch Freunden die Möglichkeit gibt, gemeinsam Computer zu spielen. Jedoch könnte sich die heutige Problematik der unterschiedlichen Wissensbasis von Kindern und Eltern über Computerspiele bereits in fünf bis zehn Jahren verändern, so Frau Hawlitschek, da dann die Eltern-Generation bereits mit Computerspielen aufgewachsen sei.

Janina Seit

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