Das Supertalent 2011 – Ohne Grenzen?


Am Samstag strahlt RTL das Finale der erfolgreichen Samstagabend-Show Das Supertalent im deutschen Fernsehen aus. In dieser fünften Staffel zeigten viele neue Kandidaten ihre Talente vor der Jury und präsentieren sich vor Millionenpublikum auf der großen Showbühne. Da in diesem Jahr besonders viele Kinder bei Das Supertalent zu sehen sind, fragt sich medienbewusst.de, ob die Auftritte der jungen Talente moralisch vertretbar sind oder ob man dem Medienspektakel Grenzen setzen sollte.

Natürlich werden bei Das Supertalent nicht ausschließlich wahre Talente gezeigt, sondern auch Kandidaten, die ganz offensichtlich den Wunsch verspüren, sich vor einem großen Publikum im Fernsehen darzustellen. Das Supertalent wird jeden Samstag von durchschnittlich knapp 7 Millionen Zuschauen eingeschalten und quotentechnisch nur noch von Wetten, dass..? übertroffen.
Das Fernsehformat wird seit Ausstrahlung der ersten Staffel kritisch verfolgt. Sueddeutsche.de bezeichnet dieses als Freakshow, die einen großen Wert auf tragische Schicksale legt und somit nach dem Prinzip Je dramatischer die Geschichte des Menschen, desto interessanter für die Sendung.

Melissa tanzt zu Waka waka

Dabei wird insbesondere das mangelnde Eingreifen der Jury kritisiert, zwei besonders dramtische Fälle möchten wir Ihnen kurz vorstellen. In dieser Staffel versuchen auffällig viele Kinder ihr Glück auf Bohlens Bühne. Dass die dabei Outfits tragen, die allzu häufig gewagt sind, stört die Jury erst einmal nicht. Schon in einer der ersten Folgen trat das sechsjährige Mädchen Melissa im engen Tigerkostüm auf die Bühne und gab ihr Bestes im Bauchtanz zum Lied Waka waka von Shakira. Der krönende Abschluss ihrer Darbietung war das Umlegen einer Schlange. Die Jury bewunderte zwar den Auftritt, findet jedoch, dass das Mädchen zu jung sei, um in dieser Aufmachung weiter bei Supertalent mitzuwirken.

Diese Entscheidung der Jury ist selbstverständlich zu begrüßen, wirft gleichzeitig aber auch weitere Fragen auf: Warum hat das Produktionsteam vor Ort einer solchen Darbietung überhaupt zugestimmt? Und warum entscheidet sich der Sender für eine Ausstrahlung dieser Auftritte? Zudem bewirbt RTL die Tänzerin Melissa auf ihrer Homepage exklusiv als Kinderstar mit einem tollen Auftritt und gibt dem Zuschauer die Möglichkeit, sich den Auftritt online noch mal anzusehen.

Maik und Giulia am Trapez

Ein weiteres, sehr gefährliches Beispiel war der Auftritt der beiden Geschwister Maik und Giulia, sechs und acht Jahren alt, die am Trapez in fünf Meter Höhe ungesichert Akrobatik-Kunststücke absolvierten. Auch wenn sie geübte Zirkuskinder sind, kann ein Sturz aus solch einer Höhe lebensgefährlich sein. Der Vater der beiden stand zur Sicherheit direkt neben der Bühne, um sie im Notfall auffangen zu können. Eine so schnelle Reaktion erscheint zweifelhaft. Das Auffangen zweier Kinder gleichzeitig sogar völlig unmöglich. Dennoch betonte er anschließend sogar, dass seine Kinder keinerlei Gefahr ausgesetzt gewesen seien.
Selbst Sylvie van der Vaart, eine der Juroren, brach vor Angst und Sorge in Tränen aus. Und auch an dieser Stelle zeigt sich wieder, dass RTL diese dramatischen Auftritte ganz gezielt in Szene setzt, um die eigenen Quoten in die Höhe zu treiben. Nach der Ausstrahlung distanziert sich der Sender von den Künstlern mit der Begründung, dass die Eltern schließlich vor Ort gewesen seien und hätten eingreifen können. Und in der Tat: Die Rolle der Eltern ist sehr bedeutend. Denn auch wenn die Kids auf Nachfrage betonen, dass sie Akrobatik, Tanz und Gesang aus freiem Willen performen, ist die Motivation und der Einfluss der Eltern für die Zuschauer nicht klar ersichtlich.

Kinder sind ein fester Bestandteil der Supertalent-Sendungen, da ihr Charisma die Zuschauer begeistert und ihre Talente gefördert werden sollten. Auch die Aufwertung des Selbstwertgefühls, das vor allem im Kindesalter positiv prägende Auswirkungen haben kann, spielt eine Rolle. Im Gegenzug kann aber ein negatives Erlebnis ein kindliches, zerbrechliches Selbstwertgefühl negativ beeinflussen. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass Eltern gut darüber nachdenken, inwieweit ihre Kinder gefährdet sind. Bestes Beispiel für einen bedrohlichen Fernsehauftritt war der 23-jährige Samuel, der sich in der Sendung Wetten, dass..? bei dem Versuch mit sogenannten Powerjumpern über fahrende Autos zu springen, schwer verletzte.
Dieser schreckliche Unfall hat gezeigt, dass auch im Fernsehen Fehler passieren können und vor einem Millionenpublikum auch Faktoren wie Unsicherheiten, Aufregung und Leichtsinn nicht unterschätzt werden sollten. Kinder sollten nicht fahrlässig dieser Form von körperlicher und seelischer Körperverletzung ausgesetzt werden, denn Talent hin oder her – Ein Kind sollte auch Kind sein dürfen.

Mona Bader

Bildquelle:
© RTL