Die Geschichte hinter dem Film


Nicht die Filme stehen hier im Mittelpunkt, sondern die Drehbücher und ihre Autoren. Seit 2008 verleihen der Kinderkanal von ARD und ZDF, Vision Kino und die Filmförderungsanstalt den Drehbuchpreis Kindertiger an besonders gelungene Kindergeschichten. Bei der Auswahl hilft ihnen eine fünfköpfige Jury. Und wer könnte die Kinderdrehbücher besser bewerten als die Kinder selbst? medienbewusst.de sprach mit dem Redakteur Gunnar Gerstel über den Preis und die Arbeit der Kinder.

 

Herr Gerstel, wie entstand der Drehbuchpreis „Kindertiger“ und warum wurde er ins Leben gerufen?

Vor etwa sieben Jahren ist die Idee dazu entstanden. Mit Blick auf den Filmmarkt wurde klar, man muss unbedingt die Produktion von Kinderfilmen unterstützen und auch die Drehbuchautoren, die sie verfassen. Zusammen mit der Filmförderungsanstalt (FFA) in Berlin und Vision Kino kam KiKA damals auf die Idee, so einen Preis zu initiieren. Inzwischen wird er zum fünften Mal verliehen und hat von Anfang an auch die Unterstützung des Staatsministers im Kanzleramt bekommen. Seitdem konnten wir vielen Autoren sehr gut helfen, da ihnen durch das Preisgeld die Möglichkeit geboten wird, an neuen Projekten zu arbeiten.

Gunnar Gerstel

Wie viele Drehbücher werden jährlich eingereicht?

Eine der Grundvoraussetzungen ist ja nicht nur, dass ein Drehbuch für Kinder geschrieben wird, sondern, dass dieses Drehbuch auch schon verfilmt worden ist. Das sind maximal zehn Drehbücher, die eingereicht werden. Das ist auch in etwa die Zahl, die an Kinderfilmen in Deutschland im Jahr herauskommen. Dieses Jahr sind es neun Drehbücher, die eingeschickt wurden.

Wie werden die Kinder für die Jury ausgewählt und welche Erwartungen müssen sie erfüllen?

Der Aufruf erfolgt über die Internetseite von Trickboxx, dem KiKA- Medienmagazin und über Trailer im Fernsehen, aber auch über Pressemitteilungen, die Vision Kino und KiKA rausschicken. Des Weiteren gehen Meldungen an Multiplikatoren. Das sind zum Beispiel offene Kanäle, Landesmedienanstalten oder medienpädagogische Zentren und engagierte Pädagogen.

Dann kommen die Bewerbungen rein und wir schauen uns diese an. Schon vom Anschreiben kann man erkennen, wie interessiert das Kind ist. Wenn da beispielsweise nur steht „Ich wollte immer schon einmal in einer Jury mitmachen“, dann sollte man skeptisch sein, auch wenn wir damit die Bewerbung noch nicht ausschließen. Wenn wir unsere Vorauswahl getroffen haben, bekommt jedes Kind, das sich beworben hat, einen Teil eines Drehbuches zugeschickt und wird gebeten, dazu eine kurze Einschätzung zu geben. Anhand dieser Einschätzungen wird zusammen mit Vision Kino entschieden, wer in die fünfköpfige Jury aufrückt.

Welche Themen finden die Kinder besonders interessant?

Das ist ganz unterschiedlich. Wir hatten zum Beispiel schon einmal zwei konkurrierende Drehbücher. Das eine war ein Trickfilm, den die Kinder im Kino nicht so spannend fanden. Das andere Drehbuch war zu einem Film, von dem sie begeistert waren. Dabei sollen die Kinder ja nicht den Film bewerten, sondern wie die Geschichte im Drehbuch geschrieben ist, und in welchen Bildern sie erzählt wird. Am Ende hat tatsächlich das Drehbuch für den Trickfilm gewonnen.

Wie hoch schätzen Sie denn die Kompetenz der Kinder ein, Drehbücher gerecht zu bewerten?

Sehr hoch, wirklich sehr hoch. Jeder, der mit Kindern arbeitet, wird feststellen, dass Kinder ein unheimlich hohes Bewusstsein für Gerechtigkeit haben. Wenn sie in den Drehbuchdiskussionen drin sind, dann muss es dort gerecht zu gehen. Jeder muss gleichberechtigt zu Wort kommen und am Ende wird über Mehrheitsbeschluss entschieden. Wer der Mehrheit unterliegt, der muss das auch akzeptieren. Die Jurykinder, die ich erlebt habe, lassen sich auch durchaus von Argumenten überzeugen, was im Erwachsenenalter nicht so oft vorkommt, – da werden dann Standpunkte angenommen und diese werden verteidigt. Bei den Kindern, die wir in den Jurys bisher hatten, war es so, dass sich solche Entscheidungen nochmal komplett gedreht haben.

Nach welchen Kriterien suchen die Kinder die Drehbücher aus oder bewerten sie?

Eine Vorauswahl trifft eine Jury aus Film- und Fernsehprofis: Dramaturgen, Produzenten, Regisseure, Drehbuchautoren. Diese suchen unter allen Einsendungen, die drei Drehbücher aus, die an die Kinderjury weiter gereicht werden. Die Kinder werden medienpädagogisch betreut und bekommen Kriterien an die Hand, mit Hilfe derer die Kinder ein Drehbuch beurteilen kann: Wie werden zum Beispiel die Figuren gezeichnet? Welche dramaturgischen Mittel werden eingesetzt? Welche Spannungsmittel kommen vor? ist die Geschichte glaubwürdig? sind die Figuren glaubwürdig, die dort beschrieben sind? Das ist nur ein Teil dessen, wie die Kinder bewerten.

medienbewusst.de bedankt sich bei Gunnar Gerstel für das Interview und wünscht viel Erfolg für die Zukunft.

Gina Hoffmann

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