Fernsehgewalt und seine Folgen


Zugegeben: Das Thema Gewalt in den Medien ist nicht neu und auch wir von medienbewusst.de haben bereits über die Gewalt in Fernsehnachrichten berichtet. Da Gewalt, Brutalität und Angst aber die heutige Film-und Nachrichtenwelt bestimmen, hat sich die Redaktion von medienbewusst.de entschieden, die Aufmerksamkeit erneut auf dieses Thema zu lenken. Denn Kinder müssen den richtigen Umgang mit den Fernsehbildern erlernen, um schwerwiegende Folgen wie Angstausbrüche, Schlafstörungen oder eine Traumatisierung zu verhindern.

Eine Vielzahl von Studien und Gutachten haben in den vergangen Jahren über die Ausmaße von Gewalt im Fernsehen berichtet. Im Jahr 2010 legte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) einen umfangreichen Bericht über die aktuellen Forschungsergebnisse zum Thema Medien und Gewalt vor. Eine darin enthaltene Studie aus dem Jahr 2007 von Aust und Everhart untersuchten vollanimierte Disney-Filme ohne Altersbeschränkung aus den Jahren 1937 und 2000 auf ihren Anteil physischer Gewalt. In den Filmen trat mindestens eine menschliche Figur auf. “Die Autoren identifizierten 464 Gewaltakte und 564 verwendete Waffen (inkl. Körpereinsatz). Jeder der Filme enthielt mindestens sieben Akte von Gewalt. Als problematisch erachten es Aust und Everhart insbesondere, dass nur auf 32 Prozent der Gewalt innerhalb des Films auf irgendeine Weise negativ reagiert wurde (negative Kommentare oder ein Eingreifen, um Gewalt zu beenden). In 60 Prozent der Fälle erfolgte überhaupt keine Reaktion, und in acht Prozent der Fälle wurde Gewalt sogar als akzeptiert gezeigt (z.B. Lachen über Gewalt, Ermutigung von Gewalt)”.

Schon eine im Jahr 2005 veröffentlichte Studie, die von der Bayrischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) und der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM) in Auftrag gegeben wurde, belegt, dass Gewalt ein fester Bestandteil in den Medien ist. Demnach findet sich in über der Hälfte aller Sendungen (58,2 Prozent) mindestens eine Gewaltdarstellung. Es wird dabei nicht nur über reale Vorfälle informiert, sondern die brutale Darstellungsform dient auch als Unterhaltungsfaktor.

Mögliche Folgen der Fernsehgewalt

Allgemeingültige Aussagen zu den Wirkungen der Fernsehgewalt können aus Sicht des heutigen Forschungsstandes nicht getroffen werden. Dies liegt vor allem auch an dem persönlichen Entwicklungsstand, dem Umfeld und dem Nutzungsverhalten des Einzelnen. Herr Prof. Grimm von der Universität Wien spricht von einer “ambivalenten Wirkung” von Gewaltszenen auf den Zuschauer: “Vorwiegend werden Angst und Empörung ausgelöst. Ein Nachahmen findet weniger statt.” Die dazugehörige Aufbereitung der filmischen Szenen ist dabei von großer Bedeutung. Dabei sind folglich nicht lediglich die Bilder zu berücksichtigen, sondern auch die Kommentierung. Prof. Grimm betont, dass es aus journalistischer Sicht wichtig sei, den Tätern keine Bühne zu geben, um auf diesem Wege einer Imitation entgegenzuwirken.

Gewalt in Kinderaugen

Kinder sehen Gewalt in einem ganz anderen Blickwinkel als Erwachsene. Und doch ist das Gesehene manchmal auch für Erwachsene nur schwer zu ertragen. Die heile Welt wird durch blutige Szenen und brutale Bilder plötzlich zerstört. Bilder eines Amoklaufs werden nachgestellt, Verwundete in einem Krieg gezeigt und U-Bahn-Attentäter mit ihrer grausamen Tat bis ins kleinste Detail filmisch dargestellt. Kinderaugen werden beim Anblick brutaler Bilder immer größer. Dies kann aus psychologischer Sicht zu einer Beunruhigung beitragen und darüber hinaus Ängste auslösen, die Alpträume verursachen, da die Bilder in der Nacht verarbeitet werden. Erwachsene hingegen verstehen den Gesamtzusammenhang der Szenen schneller als Kinder, da sie die Bilder im Zusammenhang mit den Kommentierungen einordnen können. Zudem sind Erwachsene in der Lage eine gewisse Distanz zur eigenen Realität zu bewahren, da ihnen die räumlichen und zeitlichen Sprünge sowie die Unterscheidung in reale und fiktionale Gewalt bewusst sind.

Der richtige Umgang mit der filmischen Gewalt

Um den Angstzuständen entgegenzuwirken, ist ein offenes Gespräch über das Gesehene wichtig. “Die Beteiligung der Eltern an der medialen Erfahrung stellt einen großen Faktor dar”, so Grimm. Da Kinder aber auch häufig in Abwesenheit der Eltern zur Fernbedienung greifen, ist dies nicht immer ganz einfach. Ein wachsames Auge der Eltern ist dabei von großer Bedeutung. Durch das Aufarbeiten und das Gespräch über die brutalen Szenen sowie das Umschalten des Programms kann einer schlaflose Nacht vorgebeugt werden.

Sophie Stange

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