Im Jahre 1986 entwickelte der schwedische Produzent und Grafiker Erling Ericsson eine Box , die es Kindern ermöglicht, selbst Trickfilme zu erstellen. Mit dem Namen „The Box“ rief Ericsson ein medienpädagogisches Projekt ins Leben, das Kinder aktiv in den Filmproduktionsprozess integriert, ohne dabei technisch zu überfordern.
Das Projekt erregte in der Debatte um Medienkompetenz großes Aufsehen, da es vor allem das praktische, mediale Verständnis der Kinder und Jugendlichen fordert und sich damit klar vom theoretischen Ansatz der Vermittlung von Medienkompetenz abhebt. 120cm (Länge) x 100cm (Höhe) x 50 cm (Tiefe) – das sind die Maße jener mittlerweile fast 25 Jahre alten Box. Hinter dieser, zu deutsch „Trickboxx“, verbirgt sich eine einfache Kiste aus Holz, die von zwei Lampen ausgeleuchtet wird und mit Hilfe einer Videokamera Bilder schießt. Dabei handelt es sich allerdings nicht um Bewegtbilder sondern um Standbilder. Und genau darin steckt auch die Magie der Box: Mit Hilfe der Stop Motion Technik können scheinbar tote Gegenstände zum Leben erweckt und filmisch kreativ verarbeitet werden.
Dabei ist Stop Motion eine Technik, die schon Ende des 19. Jahrhunderts bekannt war. Filme wie „Godzilla“ oder „Sindbads siebte Reise“ verdanken dieser Art der Animation ihre großen Erfolge. Auch der klassische Zeichentrickfilm besteht aus nichts anderem, als einer großen Anzahl von Standbildern, die rasch hintereinander abgespielt werden. Die Trickboxx macht sich genau diese Technik zunutze. Auf deren Arbeitsfläche können Kinder beispielsweise ihre Lieblingsfiguren platzieren und in eine erdachte Geschichte verwickeln. Nach jedem geschossenen Bild müssen sie ihr Objekt ein wenig verändern, damit ein Eindruck von Bewegung entsteht. Am Ende werden diese Bilder aneinandergereiht und damit die Figuren zum Leben erweckt.
Neben der korrekten technischen Umsetzung steht bei der Trickboxx v.a. die intensive Beschäftigung mit dem Medium Film im Vordergrund. Angefangen von der Idee, über das Storyboard bis hin zur Nachvertonung werden alle Phasen eines Medienproduktionsprozesses durchlaufen. Inspiriert durch Erling Ericsson verleiht auch der Kinderkanal Trickboxxen an Vereine, Schulklassen oder filminteressierte Gruppen. Gunnar Gerstel vom Ki.Ka-Team betont dabei gegenüber medienbewusst.de die besondere Bedeutung der Trickboxx: “Die Kinder müssen aktiv werden, mitdenken, Ideen entwickeln und die Technik beherrschen. Nur gemeinsam erreichen sie das Ziel, einen Trickfilm herzustellen.“ Als Motivation und Belohnung für einen erfolgreichen Film winkt den Teilnehmern die Ausstrahlung ihres Projekts in der gleichnamigen wöchentlichen Sendung „Trickboxx.“
Auch der Kinderfilm Berlin e.V. bietet neben Aktionen wie Bilderkino oder Hörspielen die Erstellung von Filmen per Trickboxx an. Ehrenamtliche Medienpädagogen betreuen die Kinder bei ihrer Arbeit, so auch Ingrid Maire. Sie fordert insbesondere eine kritische Auseinandersetzung mit dem Medium Film: „Wie werde ich durch schon fertige Produkte in bestimmte Richtungen gelenkt oder manipuliert“, fragt sie beispielsweise in ihren Workshops für Eltern und Kinder. In der Debatte um Medienkompetenz ist sie sich sicher: „Das Selbst-Tun hinterlässt die meisten und beeindruckendsten Spuren. Man kann nur hinter die Kulissen schauen, indem man Medien anwendet – ganz egal welcher Art.“
An das Prinzip „Learning by Doing“ glaubt auch Erfinder Ericsson. Für die schwedische Behörde für Bildung im Medienbereich entwickelte er einen filmwissenschaftlichen Unterricht und behauptet stolz: „Natürlich sind nicht alle der vielen tausend Kinder, die ich bei meiner Arbeit getroffen habe, Trickfilmer geworden, aber alle erinnern sich an ihre Schulzeit, als sie mit der Trickboxx Trickfilme machen durften.“
Stefan Merz
© Photo by Hakan Lindgren