Public Viewing mit den Kids?


Gemeinsam mitfiebern, gemeinsam verschossene Elfmeter bedauern und gemeinsam jubeln. Zu Beginn wurde die Fußball-Europameisterschaft 2012 von rund sechs Millionen Menschen in Deutschland auf Public Viewing-Plätzen verfolgt. “Rudelgucken”, also das kollektive Mitverfolgen des Sportgroßereignisses an öffentlichen Standorten, ist “in” – auch bei Kindern und Jugendlichen. Sie wollen wie die Erwachsenen ihre Emotionen und ihre Begeisterung mit Gleichgesinnten teilen. Wir von medienbewusst.de haben die Risikofaktoren des Public Viewings für Kinder hinterfragt.

Ob Public Viewing an öffentlichen Plätzen ein geeigneter Weg ist, um mit der Familie das EM-Spektakel zu genießen, sollten Eltern gut überdenken. Dabei muss abgewägt werden, ob derartige Veranstaltungen ein Risiko für Kinder darstellen. Ein erstes Problem solcher Großevents sind die Menschenmassen, die an einem öffentlichen, aber meist abgesperrten Platz zusammenfinden. Es kann beispielsweise zu Gedränge oder Platznot kommen, sodass Menschen im schlimmsten Fall in Panik geraten. Nach der Meinung des Sachverständigen für TÜV NORD sind öffentliche Ausstrahlungen deutlich sicherer geworden. Betont wird hierbei das sogenannte “Crowd Management”: Menschenmengen sollen dadurch so organisiert werden, dass keine Gefährdungen entstehen und dass in kritischen Situationen schnell genug eingegriffen wird. Verantwortliche seien heutzutage wacher, sodass genug Ordnungs- und Hilfskräfte sowie Feuerwehrmänner im Einsatz sind.

Doch es sind nicht nur die Ansammlungen von Menschenmassen, es sind auch andere Gefahren und die Bedürfnisse der Kinder, die im Zusammenhang mit Public Viewing kritisch hinterfragt werden sollten.

Kinder sind in der Regel sehr ungeduldig. Es ist deshalb bedenklich, ob sie das permanente Stehen während der mindestens 90-minütigen Spielzeit überhaupt durchhalten. Eltern sollten deswegen überprüfen, ob es für Kinder Sitzmöglichkeiten gibt – Wenn möglich in den vorderen Reihen, damit die Kinder das Spiel uneingeschränkt sehen können. Zu bedenken ist außerdem, dass die Spiele erst am Abend stattfinden und mit Verlängerung und Elfmeterschießen auch mal bis in die Nacht dauern können. Kinder werden müde und machen sich dann durch Quängeleien bemerkbar. Ebenfalls ist die Lautstärke zu beachten, die eine Liveübertragung mit sich bringt. Dabei können nicht nur die lauten Boxen das empfindliche Kinderohr schädigen, sondern auch die tobenden Fußballfans.

Ein weiterer Risikofaktor für die Kinder ist der erhöhte Alkoholkonsum. Für Erwachsene gehört zu einem Fußballspiel das eine oder andere Bier – das ist auch nicht verwerflich. Jedoch sollten Eltern sich mit der Frage auseinandersetzen, ob ihr Kind in einer solchen Umgebung gut aufgehoben ist bzw. ob Eltern den Kontakt zu den alkoholisierten Personen weitestgehend aus dem Weg gehen können. Denn je höher der Alkoholkonsum ist, desto stürmischer und unvorhersehbarer wird auch das Verhalten der Fans, beispielsweise wenn Tore fallen.

Bei der derzeitigen EM kam es wegen mitgebrachter Feuerwerkskörper der Fans zu Zwischenfällen. In Nienburg wurde ein 9-jähringer Junge von einem der Geschosse an der Hand verletzt und erlitt dabei Verbrennungen zweiten Grades. Natürlich sind solche Unfälle die Ausnahme und meist wird ein friedliches Fußball-Fest gefeiert. Jedoch sollten Eltern gut darüber nachdenken, wo sie und ihre Kinder das Fußballspiel ansehen. Großveranstaltungen auf öffentlichen Plätzen sind für die kleineren Kinder nicht geeignet. Eltern sollten sich mit Kindern im Vor- und Grundschulalter das Spiel zuhause vor dem eigenen Fernseher anschauen, auch so kann ein normales Fußballspiel zu einem gemeinsamen Fußball-Erlebnis in Schwarz-Rot-Gold werden. Und wenn die Kleinen das Interesse an Poldi, Schweini und Co im Laufe des Abends verlieren sollten, können sie sich mit anderen Dingen beschäftigen, die sie in ihrem Alter möglicherweise mehr begeistern.

Jugendliche hingegen können grundsätzlich gemeinsam mit ihren Eltern die Public Viewing-Veranstaltungen besuchen, allerdings müssen die Eltern vorab Regeln festlegen. Besonders wichtig ist, dass sie bei ihren Kindern bleiben bzw. bei älteren Kinder immer in Sichtweite bleiben und ein gemeinsamen Treffpunkt vereinbaren. Auch ein Kompromiss, wie in der Halbzeitpause nach Hause zu fahren, ist möglich.

 

Mona Bader

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