Schwarze Tage für das Blackberry


Es ist klein, viereckig, meist schwarz und neuerdings, neben anderen, auch Feind der britischen Regierung: Das Blackberry. Aufgrund der vorherrschenden Unruhen in Großbritannien, ist in den letzen Tagen vor allem dessen beliebter Chat-Dienst BBM in Kritik geraten. Er soll neben sozialen Medien maßgeblich für die flexible und schnelle Organisation von Straftaten jugendlicher Gruppen verantwortlich sein.

Seit Montag brennen Häuser, Autos und Geschäfte in britischen Großstädten lichterloh, jugendliche Gruppen zerstören und plündern, was auf Straßen zu finden ist, britische Bürger sind verängstigt und die Polizei kommt in den meisten Fällen einen Schritt zu spät. Und das auch, weil jugendliche und gewaltbereite Gangs aus den Vorstadtghettos, dank neuartiger Kommunikationsmittel, in der Lage sind, sich in Windeseile zur Verrichtung von Straftaten zu versammeln.

Ziel der, meist aus ärmlichen Verhältnissen stammenden, Randalierer aus allen ethnischen Gruppen ist jedoch nicht etwa die soziale Besserstellung sondern vornehmlich die Beschaffungskriminalität. Laut Premierminister David Cameron versammeln sich die Jugendgruppen, um „pure, simple Gewalt“ zu praktizieren. Diese Absicht hat bisher fünf Todesopfer und zahlreiche Verhaftungen, unter anderem die eines elfjährigen Kindes gefordert.

Um die Ausschreitungen einzudämmen, denkt die Britische Regierung seit Freitag, neben einem erhöhten Polizeiaufgebot und der Überwachung sozialer Netzwerke, auch über eine zeitweise Sperrung des Blackberry Messaging Dienstes nach. Zwar hatte der kanadische Blackberry-Hersteller Research in Motion der Britischen Regierung im Vorfeld der Diskussion eine Unterstützung bei der Verfolgung von Straftaten zugesichert, bei einer Herausgabe von Daten der straffälligen BMM-Nutzer, könnte sich RIM, laut Guardian, jedoch wiedersetzen.

Der Chat-Dienst des Smartphones gilt als besonders sicher, da durch eine verschlüsselte Übertragung von Nachrichten keine Verfolgung von Seiten der Regierung möglich ist. Laut RIM hat auch das Unternehmen selbst nur einen begrenzten Zugriff auf Botschaften, die über den Blackberry-Massenger versendet werden. So kommt dem Blackberry, durch die Möglichkeit, als Einzelperson eine Vielzahl von Personen schnell, sicher und kostenlos zu erreichen, eine Sonderrolle bei der Organisation von Straftaten zu.

Die spezielle Herausforderung in Großbritannien stellt die Beliebtheit des Blackberrys dar. Laut einer aktuellen Analyse der britischen Medienaufsichtsbehörde Ofcom, besitzt ein Drittel der Jugendlichen in Großbritannien ein Smartphone des Herstellers RIM. Die aktuelle Online-Befragung „Mobile Monitor 2011“, die von der Goldmedia Custom Research GmbH in Zusammenarbeit mit der respondi AG durchgeführt wurde, bewies im Gegensatz dazu die geringe Nutzungshäufigkeit des Blackberrys in Deutschland. Lediglich sieben Prozent der Deutschen besitzen ein Blackberry. Zu dessen Nutzern gehören konträr zu den britischen desweiteren hauptsächlich Manager und Business-Kunden.

Auch wenn die Wahrscheinlichkeit von Gewalttaten britischen Ausmaßes in Deutschland laut Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich aufgrund einer hohen Integration als gering eingeschätzt werden kann, bemerkt dieser auch, dass das Potential ähnlicher Ausschreitungen in Deutschland durchaus vorhanden ist.

So erweisen sich die Stärken des Blackberrys und seines sicheren Chat-Dienstes gleichzeitig auch als besondere Schwäche, wenn es in den Händen von Straftätern zum Organisationsmittel für Gewaltakte wird. Gerade Jugendliche, insbesondere Digital Natives, nutzen mobile Kommunikationsmittel mit einer Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit, die, auch in Deutschland, mit dem richtigen Auslöser potentiell zu einer Unberechenbarkeit führen kann.

Doch wo sind die Grenzen zwischen der teilweise beängstigenden Überwachung des Nutzers über die Mobilkommunikation zu ziehen, um dem Bürger einerseits Freiheit zu gewähren und ihn andererseits vor Verbrechen zu schützen? Die Unruhen in Großbritannien werfen genau diese, in letzter Zeit oft mit dem Internet verbundene, Frage wieder in den Raum und liefern dennoch keine Antwort.

Nur weil eine gewaltbereite Gruppe Jugendlicher das Blackberry für seine Zwecke missbraucht, ist nicht jeder britische, jugendliche Besitzer eines solchen Smartphones ein Straftäter. Nur weil die britische Regierung beschließt, den Dienst zweitweise zu verbieten, bedeutet das nicht gleichzeitig, dass weitere Delikte ausgeschlossen sind.

Wichtig ist und kann nur die frühe, kontinuierliche und richtige Wertevermittlung sein, damit ein Elfjähriger das Abbrennen von Autos nicht als erstrebenswert empfindet und in frühem Kindesalter bereits die Gefängniswände von innen sieht. Mit dem Blackberry aber hat dies nichts zu tun.

Lisa Schwinn

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