Von Ökoaktivisten und Wirtschaftsmächten – Anno 2070 im Test


Mit Anno 2070 geht die Anno-Serie ungewöhnliche Wege: Zum ersten Mal kolonisieren wir Inseln nicht zu Zeiten von Mittelalter und Renaissance, sondern in der nahen Zukunft. Schafft das beliebte Spielprinzip den Sprung in das 21. Jahrhundert? Die Redaktion von medienbewusst.de hat Anno 2070 gespielt und einen Blick in die futuristische Zukunft des Strategiespiels geworfen. Insbesondere die neuen Elemente in Sachen Gameplay werden wir Ihnen ausführlich vorstellen.

Das sorgte für mehr als nur gehobene Augenbrauen: Als Ubisoft und Related Design erklärten, der neueste Ableger der Anno-Serie spiele in der Zukunft, vermutete so mancher Fan der Serie einen schlechten Scherz oder gar den Untergang einer der beliebtesten Videospielreihen Deutschlands.

Story

Dabei ist Anno 2070 auf dem ersten Blick ein klassisches Anno: Wir steuern im Stragiespiel zunächst ein kleinen Handelsschiff mit einigen Menschen und Resourcen, mit denen wir ein einsames Eiland besiedeln und uns im Laufe der Zeit zu einer wirtschafts- und Militärmacht aufschwingen. Moment mal, Inselsiedeln im Jahre 2070? Richtig gelesen, die Polkappen sind geschmolzen und haben die Welt überflutet, alleine kleinere Eilande reichen nunmehr aus dem Wasser hervor, Staaten wie wir sie kennen gibt es nicht mehr. Unsere Bevölkerung und ihre Bedürfnisse sollen auf den Archipelen wachsen, die Wirtschaft wird größer und komplexer. Ständig gilt es, die Warenkreisläufe zu optimieren um nicht das Volk zu vergraulen oder die Warenproduktion ins Stocken zu bringen.

Gameplay

Wir fangen ganz klein an: Unsere ersten Kolonisten brauchen lediglich Fisch zum Überleben, unsere Siedler später allerdings verlangen eine Vielzahl an Gerichten, dazu Unterhaltung und Bürgerrechte. Erfüllen wir die Bedürfnisse der Bevölkerung, wächst diese, steigt in der Gesellschaft auf und erlaubt uns höhere Steuereinnahmen, mit denen wir unsere Expansion finanzieren.
Wenn wir nicht gerade die storygetriebene Hauptkampagne spielen, die als sehr großes Tutorial aufgefasst werden darf und uns von Auftrag zu Auftrag schickt, können wir dennoch einiges Erleben. Bei dem Endlosspiel werden keine Ziele verfolgt und das Spielen mit Freunden über das Internet ist möglich. Hier siedeln wir auf einer Karte mit vielen Inseln mit oder gegen andere, vom Computer gesteuerte Spieler um die Wette oder allein. Der Clue: Wer nur wirtschaften möchte, der wird auch nicht angegriffen. Bauen wir jedoch Militärgebäude und -einheiten, kann es bereits zu Reibereien mit den anderen Kolonien kommen. Auf Diplomatie müssen wir bei keiner Spielweise verzichten: Unsere Mitspieler sind nicht graue PC-Figuren, sondern gestaltete Persönlichkeiten, die immer innerhalb ihrer Rolle auf unsere Spielweise reagieren. Zudem können wir mit den Fraktionen handeln und erhalten von ihnen zufallsgenerierte Aufgaben wie das Retten in Seenot geratener Matrosen, die wir neben dem Siedeln für Geld- und Gegenstandbelohnungen, wie z.B. Saatgut für eine bestimmte Pflanze, erfüllen können.

Neu bei Anno 2070: die Fraktionen Ecos und Tycoons

Stichwort Fraktionen: Zu Beginn jeden Spiels müssen wir uns noch für eine Fraktion, Ecos oder Tycoons, entscheiden. Erstere leben im Einklang mit der Natur, haben es aber umso schwerer, die immer wachsende Bevölkerung zu befriedigen. Die Tycoons setzen dagegen auf Wirtschaftsmacht und Raubbau, vernachlässigen dabei aber Mutter Erde. Entsprechend unserer Wahl unterscheidet sich unsere Spielweise und die Bedürfnisse der Kolonisten, einen enormen Unterschied gibt es jedoch nicht. Beide Fraktionen müssen zudem auf die für Anno neue Ökobilanz achten. Große Städte und eine laufende Wirtschaft zerstören die Natur, was wiederum die Wirtschaft schädigt – z.B. durch den Rückgang der landwirtschaftlichen Erträge, was bei immer größeren Bevölkerungen und Wirtschaften zu immer größeren Problemen bei der Ernährung der Siedler führt. Die Ecos versuchen daher durch Grüne- und Zukunftstechnologien wie Windrädern und Recyclinganlagen die Ökobilanz positiv zu halten. Die Tycoons kurbeln stattdessen neben schwächeren Ökotechnologien vor allem die Wirtschaft weiter an.

Wer weit fortgeschritten ist, erhält zudem Zugriff auf eine neue Fraktion: die Techs. Das sind Wissenschaftler, die sehr hohe Anforderungen stellen, aber auch die besten Technologien im Spiel erlauben und mit ihren U-Booten die Landkarte erweitern, und zwar unter Wasser. Dort können wir bestimmte Produktionsanlagen aufstellen und zum Beispiel Öl fördern. Wer zudem die letzte Bevölkerungsstufe seiner Fraktion erreicht hat, bekommt auch Zugriff auf die Gegenpartei, womit man dann drei Parteien gleichzeitig spielen kann – damit wird das Spiel endgültig hochkomplex.



Grafik und Steuerung

Grafik und Sound sind bei Anno 2070 auf allerhöchstem Niveau: Neueste Grafiktechnologien werden verwendet, selbst der Wellengang des Wassers wird berechnet. Eine positive Ökobilanz lässt Inseln im Satten grün erstrahlen, eine schlechte Ökobilanz macht das Bild hingegen grauer, Flüsse werden zu grau-brauen Giftströmen. Die Grafik hat ihren Preis: das Spiel erfordert einen relativ guten Computer. Daher sollten Sie vor dem Kauf von Anno 2070 dringend die Mindestvoraussetzungen an ihren PC überprüfen.

Fazit

Viele haben gezweifelt, aber Anno 2070 ähnelt Anno 1404 sehr und das nur im Positivem. Spieler, die den Vorgänger kennen, werden sich gleich zu Hause fühlen. Hinzu kommen neue Funktionen wie die Ökobilanz oder die drei Fraktionen, die das Spiel nochmal herausfordernder machen – und zugleich die Botschaft vermitteln, das Naturschutz wichtig, aber schwierig und kostenintensiv ist. Damit ist Anno 2070 nicht nur Unterhaltung, sondern vermittelt Werte mit Freude und Herausforderung – was es empfehlenswert macht. Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) hat das Spiel ab einem Alter von sechs Jahren freigegeben. Allerdings können der hohe Schwierigkeitsgrad und die enorme Komplexität im späten Spiel Probleme bereiten, darum empfehlen wir die äußerst hilfreiche Kampagne, die Schritt für Schritt das Spiel innerhalb einer abwechslungsreichen Story erklärt.

Stefan Köhler

Bildquellen:
© Ubisoft GmbH