Früher wurde gesagt, dass durch das Lesen die Fantasie angeregt und die Rechtschreibung verbessert wird. Heutzutage steht neben dem eigenen Lesen vor allem auch das Vorlesen eines Buches im Fokus. Und da neben Büchern auch Kinderbuch-Apps bzw. E-Book-Reader in Mode kommen, beschäftigte sich die aktuelle Vorlesestudie genau mit diesen digitalen Angeboten.
Bereits zum sechsten Mal veröffentlichte die Wochenzeitung DIE ZEIT in Zusammenarbeit mit der Stiftung Lesen und der Deutschen Bahn AG die Vorlesestudie. Unter dem Motto „Digitale Angebote – neue Anreize für das Vorlesen?“ präsentierten die Verantwortlichen bereits im vergangenen Oktober die Ergebnisse dieser repräsentativen Studie. Im Mittelpunkt der Forschungsgruppe stand dabei der Einfluss von Smartphones, Tablets und E-Book-Readern auf das Vorleseverhalten von Eltern. Es wurden 500 Eltern befragt, die mindestens ein Kind zwischen zwei und acht Jahren haben.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die digitalen Medien im Vormarsch sind. Allerdings sehen die meisten Erwachsenen Smartphone, Tablets und Co. nicht als Ersatz, sondern eher als eine Ergänzung zum altbewehrten Kinderbuch an. Positiv schätzt auch Dr. Simone C. Ehrig, Leiterin des Instituts für Lese- und Medienforschung der Stiftung Lesen, die Ergebnisse der diesjährigen Vorlesestudie ein. „Die Studie birgt überraschende Ergebnisse über die Akzeptanz und den Einsatz digitaler Lesemedien. Dadurch bieten sich neue Chancen und Anknüpfpunkte für die Leseförderung“, so Ehrig.
Dass sich die digitalen Varianten von Pippi Langstrumpf, dem Dschungelbuch oder Grimms Märchen überhaupt so in den Vordergrund spielen können, ist der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung zu verdanken. Während bereits knapp drei Viertel aller Familien ein Smartphone im Haushalt besitzen, ist auch das Tablet mit einem Viertel pro Haushalt in der Bevölkerung stark vertreten. Bemerkenswert ist dabei, dass Familien, die beginnen Kinderbuch-Apps zu nutzen, in der Regel auch in Zukunft Apps anwenden (87 Prozent der Befragten).
Dennoch zeigt die Studie deutlich, dass das Kinderbuch keinesfalls vom Aussterben bedroht ist. Ganz im Gegenteil. Ein Großteil der Befragten sprach sich dafür aus, dass das Buch weiterhin eine tragende Rolle im Vorleseverhalten besitzt. In erster Linie würden Kinderbücher zu Hause herangezogen werden. Bei Reisen oder Ausflügen greifen die Meisten dann lieber zum digitalen Ableger zurück, wodurch auch Väter stärker in den Fokus des Vorlesens rücken. So lesen die Männer in der Regel immer noch seltener ihren Kindern etwas vor als die Mütter, doch der Einsatz von digitalen Medien motiviert viele Väter dazu öfter dem Nachwuchs etwas vorzulesen.
„Diese Elterngeneration integriert die neuen Technologien ganz selbstverständlich in den Alltag mit ihren Kindern. Und mithilfe von Bilder- und Kinderbuch-Apps können sie heute in ganz anderen Situationen und an anderen Orten vorlesen als bisher“, sagt Dr. Rüdiger Grube, Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG. Ein treffendes Fazit über die aktuelle Vorlesestudie.
Marcel Kuhnt
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