Zeit für einen Neuanfang


Klimawandel, Comiclook und Spielspass in einem Point and Click Adventure vereint. Das soll funktionieren? Die Antwort ist: Ja! Denn als diesjähriger Computerspielpreisgewinner in den Kategorien “bestes Jugendspiel” und “bestes deutsches Computerspiel” liefert Daedalic Entertainment mit “A New Beginning” ein Adventure der ganz besonderen Sorte. medienbewusst.de hat sich das preisgekrönte Spiel einmal näher angeschaut.

Story

Klimawandel und Naturkatastrophen nicht nur zu thematisieren, sondern in den Focus des ganzen Spiels zu stellen, ohne dabei ein Lehr- oder Lernspiel zu sein, ist im Zweifelsfall ein eher schwieriges Unterfangen. “A New Beginning” wagt diesen mutigen Schritt und stellt sich dabei ausgesprochen elegant an. Angefangen wird mit dem gut inszenierten Zukunftsszenario, das sich im Jahre 2500 abspielt: Die Menschen der Zukunft leben unter der Erde und haben in ihrem Leben weder frische Luft geatmet, noch das Sonnenlicht gesehen. Durch das fehlende Umweltbewusstsein ihrer Vorfahren steht sogar die ganze Menschheit vor dem Untergang. Um dem menschlichen Aussterben entgegenzuwirken, entscheiden Wissenschaftler ein paar mutige Raumfahrer per Zeitmaschine in die Vergangenheit zu schicken. Die sollen wiederum die jeweiligen Regierenden davon überzeugen, dass sich das Umweltbewusstsein ihrer Bevölkerung ändern muss. Einziges Problem: Aus unerklärlichen Gründen landen die Zeitkapseln im Jahre 2050 und die Zeitreisenden müssen an sämtlichen Orten auf der Welt feststellen, dass die Klimakatastrophen zu diesem Zeitpunkt schon längst unumkehrbar sind. Soviel zur Vorgeschichte.

Die eigentliche Handlung spielt nämlich in der Gegenwart, in welche Hauptcharakter Funkerin Fay reist, um den leicht depressiven Aussteiger und Wissenschaftler Bent Svensson aufzusuchen. Sie muss Ihn davon überzeugen, seine Forschung an alternativen Energien wieder aufzunehmen, um das gesehene Leid abzuwenden. Klingt zunächst nach einem aus mehreren Filmen bekannten Zukunftsszenario. Doch die Glaubwürdigkeit gewinnt “A New Beginning” mit der Liebe zum Detail. So haben die Charaktere aus der Zukunft ganz eigene Denk- und unterschiedliche Sichtweisen auf bestimmte Dinge, die sich auch sichtbar in ihrem Verhalten niederschlagen. So hat Fay beispielsweise noch nie die Erdoberfläche betreten und ist dementsprechend begeistert, als sie zum ersten Mal frische Luft atmen kann. An einer anderen Stelle des Spiels begräbt sie einen toten Vogel, weil er ihr als besonderes und außergewöhnliches Geschöpf gilt.

“A New Beginning” wirkt an keiner Stelle belehrend und seine Charaktere sind stets glaubwürdig. Die Story verläuft letztendlich zwar zu linear, die Motivation des Spielers bleibt dadurch jedoch unbeeinflusst.

Gameplay

Das Computerspiel lässt sich locker bedienen und man fühlt sich unweigerlich in die Zeit der klassischen Point and Click Adventure zurückversetzt. Gewöhnungsbedürftig und anders ist, dass einem die Interaktionsmöglichkeiten mit einem Gegenstand nicht beim Überfahren mit dem Mauszeiger angezeigt werden, sondern man die linke Maustaste gedrückt halten muss, um die jeweiligen Optionen zu sehen und auszuwählen. Das führt dazu, dass man oft ungewollt die falsche Auswahl trifft.

Die im Spiel zu lösenden Rätsel beinhalten sowohl klassische “Verbinde-Gegenstand A-mit-Gegenstand B-um-an-Ort C-zu-kommen”-Aufgaben, als auch tendenziell schwierigere Zusammensetz- und Puzzle-Spiele, die jedoch jederzeit Übersprungen werden können. Insgesamt ist “A New Beginning” für Point and Click-Profis etwas zu einfach gehalten, wird allerdings an keiner Stelle stupide. Es bietet insgesamt ein gutes Maß an ausgewogenen Rätseln.

Schade ist nur, dass Dialoge in keiner Weise zu neuen und unterschiedlichen Wendungen im Spiel führen. Um einen Dialog zu beenden, muss man jede verfügbare Antwortmöglichkeit durchgehen, weshalb sich der Sinn der auswählbaren Antworten teilweise nicht ganz erschließt.

Grafik/Sound

Der Spieler wird mit einer Comicgrafik verwöhnt, die sehr gut zum ganzen Szenario passt. Die äußerst detailliert gestalteten Hintergründe und lebhaften Schauplätze wirken nie kindisch oder unpassend. Zwischen den einzelnen Spielabschnitten wird die Geschichte in eingebundenen Sequenzen erzählt, die den Spieler auf eine virtuelle Comicheftseite versetzt. Man fragt sich nur, wieso die Dialoge im Spiel nicht auch konsequent in dem entsprechenden “Sprechblasen”-Stil angezeigt werden.

Akustisch unterlegt ist “A New Beginning” mit atmosphärischen, orchestralen Sounds. Außerdem besitzt das Spiel – ganz wie man es von Daedalic gewohnt ist – eine überdurchschnittlich gute Sprachausgabe. Zwar wurde nicht auf bekannte Synchronsprecher zurückgegriffen, jedoch bemerkt man sofort die liebevolle und starke Umsetzung der professionellen Sprecher.

Fazit

Alles in allem ist “A New Beginning” ein gelungenes Werk, das ab der ersten Sekunde fesselt und die Aufmerksamkeit geschickt auf den Klimawandel lenkt, ohne belehrend oder kitschig zu wirken. Zu Recht hat dieses Spiel den deutschen Computerspielpreis gewonnen, wobei im Feinschliff noch kleine Kritikpunkte, wie die geringe Bedeutung der Multiple Choice Dialoge oder die etwas zu langen Ladezeiten, hätten behoben werden können. Dazu kommt, dass die Story letztendlich zu vorhersehbar ist und auch die Rätsel ein wenig fordernder hätten sein können. Das sind unter dem Strich jedoch nur kleine Wermutstropfen, denn auch Grafik und Sprachausgabe können auf ganzer Linie überzeugen. So entsteht ein in vielen Punkten stimmiges Zukunftsszenario, das aufzurütteln weiß.

Und ganz nebenbei wird dann auch noch der Sinn für das Umweltbewusstsein, der über 12-jährigen geschärft. Unser Tipp: auch Merkel, Obama und Co. sollten sich für dieses Spiel mal die Zeit nehmen. Vielleicht lernt der ein oder andere ja auch noch etwas dazu…

Frederic Breitrück

Bildquelle:
© Daedalic Entertainment