Mit dem Handy auf Schnitzeljagd


Geocaching ist eine modernisierte Form der altbekannten Schnitzeljagd. Dabei geht man mit Hilfe von Hinweisen auf die Jagd nach einem sogenannten „Cache“. Das Besondere dabei: GPS-Koordinaten kommen zum Einsatz. Heutzutage kann sich jeder, der ein GPS-fähiges Mobiltelefon besitzt, zusammen mit Freunden oder seiner Familie an dieser neuen Form der Schnitzeljagd beteiligen.

Gerade die Kombination aus neuen Medien, freier Natur und einem versteckten Objekt, das es zu finden gilt, übt auf Kinder wie Erwachsene einen abenteuerlichen Reiz aus: Geocaching.de ging allein 2008 von bis zu 18 000 Cachingbegeisterten aus. Heutzutage besitzen viele Mobiltelefone einen eingebauten GPS-Empfänger für Autonavigationssysteme. Dieser kann aber auch mit entsprechender Software leicht für das Outdoor-Hobby verwendet werden. Die technische Entwicklung auf diesem Gebiet ist beeindruckend: Noch bis vor einigen Jahren musste man einen GPS-Empfänger relativ mühsam mit einer extra Software bespielen. Heute kann man bequem mit ein paar Fingerbewegungen auf dem iPhone die Geocaching-Applikation kaufen, herunterladen und aktivieren. Wer kein iPhone besitzt, kann trotzdem eins der verschiedenen Freeware-Programme für andere Mobiltelefone benutzen.

Der spielerische Gebrauch von GPS-Empfängern zur Schnitzeljagd fand im Jahr 2000 seinen Anfang, als der damalige US-Präsident Bill Clinton entschied, die GPS-Genauigkeit für Privatpersonen von ungefähr 100 auf 10 Meter zu verbessern. Damals versteckte der Amerikaner David Ulmer zur Feier von Clintons Entscheidung irgendwo in der Natur einen kleinen Plastikeimer. Darin befanden sich ein Logbuch und ein paar Kleinigkeiten wie eine CD, ein Buch und eine Dose Bohnen. Anschließend veröffentlichte er die GPS-Koordinate des Versteckes in einer Newsgroup im Internet. Zusätzlich stellte er die grundlegende Regel auf: „nimm etwas, gib etwas, trage dich in das Logbuch ein“. Damit wurde das Prinzip des Geocaching geboren: Bereits im Laufe eines Tages wurde das „erste Cache der Welt“ gefunden. Seitdem ist die Zahl an Foren und Internetseiten dazu stetig gewachsen. Inzwischen gibt es rund um den Globus über 970 000 Caches. In Deutschland wurden im letzten halben Jahr allein über 100 000 Stück versteckt.

Die Behälter variieren in Form und Größe, um Platz für ungewöhnliche Tauschobjekte zu schaffen oder das Auffinden zu erschweren – ein „Nano-Cache“ ist kaum größer als ein Radiergummi. Mit der Zeit haben sich verschiedene Varianten von Caches entwickelt: Neben der Urform, also der Suche mit Hilfe einer bekannten GPS-Koordinate, sind unter anderem Multi- und Mystery-Caches sehr verbreitet. Bei einem sogenannten Multi-Cache folgt man einer Reihe von Koordinaten oder Hinweisen. Als Hinweis werden oft auch Landschaftsmerkmale oder bereits vorhandene Schilder verwendet. Ein Mystery-Cache führt ebenfalls nicht direkt zum Ort des Versteckes und ist meist zugleich als Multi-Cache angelegt. Zentrales Element eines Mystery-Caches ist, dass man zuerst verschiedene Rätsel lösen muss um an das Versteck zu gelangen. Zur Lösung eines Rätsels muss man etwa mathematische Aufgaben beantworten, Literatur- oder Internetrecherche betreiben oder ein Codewort knacken. Unabhängig davon, für welche Variante man sich entscheidet, wird man bei dem einen oder anderen Cache auf interessante Orte stoßen, die man sonst nie gesehen hätte. Allerdings werden einige Anhänger dieser Freizeitbeschäftigung immer ausgefallener in der Wahl ihrer Verstecke. So mussten beispielsweise im September vergangenen Jahres Teile des Karlsruher Hauptbahnhofes auf Grund eines Bombenalarms gesperrt werden. Ein Mitarbeiter der Bahn bemerkte einen Unbekannten, der einen „mikrofonähnlichen Gegenstand“ unter einer Skulptur verbarg.

Auch Medienpädagogen sehen im Geocaching eine Chance, Jugendliche, die viel Zeit vor Fernseher und Computer verbringen, wieder in die Natur vor der Haustür zu locken. Ein Vertreter dieser Ansicht ist der Medienpädagoge Daniel Seitz. In seinem Beitrag zu “Web 2.0: Jugend online als pädagogische Herausforderung” schreibt er: „Ein GPS-Gerät bringt Natur und Mensch zusammen, verbindet Online mit Offline, verbindet also das Beste aus beiden Welten: Eine wahnsinnig gut gerenderte grafische Spielumgebung auf der einen, den freien Willen in einer unendlichen komplexen Spielhandlung mit weltweiten Teilnehmern auf der anderen Seite.“  Nach Seitz’ Meinung fördert Geocaching prinzipiell die Auseinandersetzung mit neuen Medien und einen Umgang mit der Natur. Die Gestaltung einer digitalen Schnitzeljagd in Form einer Kombination von Multi- und Mystery-Caches bietet außerdem die Möglichkeit, dass sich Jugendliche spielerisch mit Inhalten aus dem Unterricht auseinandersetzen. So kann zum Beispiel die Lösung einer Mathematikaufgabe zum nächsten Wegpunkt führen, ein weiterer könnte ein Ort mit historischem Hintergrund sein und nur eine Beschäftigung mit dessen Geschichte offenbart, wie es weitergeht.

Durch die fortschreitende Entwicklung von Mobiltelefonen erlangt das Geocaching als Freizeitaktivität für Jugendliche wieder mehr Attraktivität, da die Anschaffung eines GPS-Gerätes entfällt. Zusätzlich wird die Installation der notwendigen Software immer einfacher. Dies erleichtert ebenfalls die Kombination mit Lehrinhalten. Viele Medienberatungsstellen und Medienzentren bieten außerdem für Lehrkräfte Materialien und Kurse zur Verwendung des modernen Versteckspiels im Unterricht an.

Marius Lohmann

Bildquelle:
© Geocaching.de