Spiele ohne Regeln? – Open World, Sandbox und Co.


Spielregeln erlauben Entwicklern die Vorgänge in ihren Spielen vorherzusehen und zu steuern. Sie sind ein zentrales Element jedes Spielkonzeptes und können gleichermaßen für Frust und Freude sorgen. Spiele wie Grand Theft Auto, die Elder Scrolls Reihe, Far Cry 4 und Minecraft zeigen jedoch einen anderen Blick auf das Thema Spielregeln und spätestens seit diesen Titeln sind Begriffe wie Open World, Sandbox und Free Roaming aus der modernen Spielbranche nicht mehr wegzudenken.

Den drei Begriffen gemein ist die Tatsache, dass den Spielenden die Möglichkeit zur freien Entfaltung innerhalb der Spiele geboten wird. Open World- und Free Roaming- Spiele zeichnen sich durch große, offene Spielwelten aus, in denen man sich frei bewegen kann. Häufig gibt es eine relativ lineare Hauptgeschichte, die durch bestimmte, feste Missionen und Spielerfortschritte gesteuert wird. Daneben können sogenannte Sidequests angeboten werden – Aufgaben, die von den Spielenden nach Lust und Laune angenommen und erfüllt oder ignoriert werden dürfen.

Neben der großen Spielwelt ist die Handlungsfreiheit ein weiterer entscheidender Aspekt. So werden die Spielenden nur selten davon abgehalten, die Hauptgeschichte für eine Weile zu ignorieren und sich einfach in der Welt umzuschauen oder eigene Zeitvertreibe zu (er)finden. Auch die Missionen der nicht linearen Spiele zeichnen sich durch erweiterte Handlungsfreiheit aus. Häufig können unterschiedliche Lösungsansätze zum Ziel führen. Ein klassisches Beispiel für diesen Aspekt sind Aufgaben, die mit der direkten Attacke der Gegner auf der einen oder mit dem geschickten Umgehen der Widersacher auf der anderen Seite gelöst werden können.

Sandbox-Spiele gehen in diesem Bereich noch einen Schritt weiter und geben den Spieler/-innen die volle Freiheit in der Spielumgebung. Es gilt der Grundsatz, dass ein Sandbox-Spiel nicht „falsch“ gespielt werden kann, da die Regeln nicht von dem Spiel sondern von den Spielenden vorgegeben werden. Wie der Name sagt, bieten Sandbox-Spiele einen Spielrahmen, der wie ein Sandkasten von den Spielenden auf unterschiedlichste Weisen nach den jeweiligen Wünschen und Vorlieben genutzt werden kann. Hieraus resultiert ein auf den ersten Blick etwas ungewöhnliches Spielprinzip, da ohne feste Regeln auch keine richtigen Ziele festgelegt werden. Bei genauerer Betrachtung ergibt sich jedoch das Bild eines enorm flexiblen und individuellen Spielerlebnisses, in dem sich die Spielenden ihre eigenen Regeln, Aufgaben und Ziele ausdenken und vielseitige Lösungswege beschreiten können.

Die Tatsache, dass ein Sandbox-Spiel nicht „falsch“ gespielt und somit nicht verloren werden kann, macht derartige Spiele auch für jüngere Spieler/-innen interessant. Das große Frustpotential des Verlierens wird durch das offene Spielprinzip zu großen Teilen abgeschafft. So kann z.B. im Creative-Modus in Minecraft ganz in Ruhe ohne die Spielfigur gefährdende Spielelemente wie Monster oder Hungertod gebaut werden. Auch in Simulationsspielen wie der Landwirtschafts-Simulator Reihe kann der Sandbox-Modus für frustfreies Spielvergnügen jüngerer Spieler/-innen genutzt werden.

Auf der anderen Seite können die fehlenden Richtlinien der Sandbox-Spiele dazu führen, dass den Spielenden nicht wirklich klar wird, was sie überhaupt tun sollen bzw. wollen. Da die Spielziele von der spielenden Person abhängig sind, können derartige kreative Blockaden dazu führen, dass die Spieler/-innen wie vor einer großen Kiste mit LEGO Steinen dasitzen, ohne zu wissen was sie bauen wollen und dann das Interesse verlieren.

Aufgrund der wachsenden technischen Möglichkeiten und der steigenden Beliebtheit offener, lebendiger Spielwelten, die den Spielern jede Menge Freiheiten einräumen, ist trotz aller Vor- und Nachteile zu erwarten, dass auch kommende Spiele diese Elemente beinhalten und sich die Spielprinzipien in der Zukunft noch weiterentwickeln.

Marius Becker

Bildquellen:
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